Page - 23 - in Im Namen der Emanzipation - Antimuslimischer Rassismus in Österreich
Image of the Page - 23 -
Text of the Page - 23 -
2Â Â Â IslamophobiaStudies 23
eigentlich ist.DenneinegeteilteDefinitionvonIslamophobieexistiertnicht.
GelegentlichwirddieszumAnlassgenommen,nichtnurdenBegriff,sondern
dasForschungsfeldüberhaupt inFragezustellen–manchmalmitderkaum
verhohlenenAbsicht,dieExistenzantimuslimischerPhänomenezu leugnen
oder sie in Konkurrenz zu anderen Formen der Abwertung und Exklusion
wieAntisemitismuszustellenundfürwenigerrelevantzuerklären(z.B.Hei-
nisch/Scholz2012;Kahlweiß/Salzborn2012;Pfahl-Traughber2012).Indiesem
Zusammenhang ist jedoch Erik Bleich zuzustimmen, der vor demHinter-
grundderenglischsprachigenIslamophobia-DebatteinErinnerungruft,dass
selbst grundlegende sozialwissenschaftliche Begriffewie ›Demokratie‹ oder
›Ideologie‹ stets »fluid and subject to scholarly disagreement« seien (Bleich
2011: 1584).
Ein Einwand gegen die Verwendung des Begriffs Islamophobie bleibt
trotzdembestehen.ErbeziehtsichaufdieetymologischeWurzelvon›Phobie‹
als ›Angst‹ (Kuhn2015: 22;Müller-Uri 2014: 100;Rattansi 2007: 10).Dadurch
würdedas zuuntersuchendePhänomenpathologisiert, individualisiert und
auf eineReaktion auf eine–reale oder imaginierte–Bedrohung reduziert.
Das habe auch negative Konsequenzen für antirassistische Strategien. So
betonen manche antimuslimische AkteurInnen, dass ihre Angst vor ›dem
Islam‹ realundbegründet, ihre ›Islamophobie‹ alsoeineangemesseneReak-
tionaufdiedrohendeIslamisierung,keinunbegründetesRessentimentoder
gar rassistisch sei. Das reicht bis zur rassistischen Aneignung des Begriffs
in Slogans wie »Islamophobic and proud of it« (Kalın 2011: 16; Bleich 2011:
1584). Allerdings ist dieBedeutung einesBegriffs nicht an seineEtymologie
gebunden,sondernunterliegtProzessenderAushandlungundAuseinander-
setzung,diefrühereBedeutungenüberschreibenkönnen.Sokonnteetwader
Begriff Homophobie als Bezeichnung für Abwertung und Hass gegenüber
Homosexuellen–nicht bloß als ›Angst‹ –durchgesetztwerden. Zumindest
in der englischsprachigen Debatte deutet sich gegenwärtig ein ähnlicher
Prozessan.Insofern istdasFehlenklarerDefinitioneneinschlechterGrund,
denBegriff der Islamophobia bzw. Islamophobie grundsätzlich in Frage zu
stellenoderdieLegitimitätdesForschungsfelds inZweifel zuziehen.Eshält
aber jene, die in diesem Feld forschen, dazu an, der kritischen Reflektion
undArbeit ameigenenBegriffswerkzeugausreichendPlatzeinzuräumen.
Dies istumsowichtiger, alsdiebisheute einflussreichsteDefinitionvon
Islamophobie tatsächlichproblematischeAnnahmenmitsichbringt.Dasso-
genannte »Runnymede-Modell«wurde 1997 vondembritischenantirassisti-
schenThink-Tank»RunnymedeTrust« imBericht »Islamophobia:AChallen-
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Title
- Im Namen der Emanzipation
- Subtitle
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Author
- Benjamin Opratko
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 366
- Keywords
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Categories
- Weiteres Belletristik