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(Heitmeyer 2002: 20).Wenige Seiten später imgleichenAufsatz taucht »Is-
lamphobie« jedoch ohneweitere Begründung als eigenständiges Konstrukt
neben »Heterophobie« auf (Heitmeyer 2002: 24). Im Verlauf der Studie
verwandeltesichdieBezeichnungerstvon»Islamphobie«in»Islamophobie«,
um zuletzt als »Islamfeindlichkeit« in Erscheinung zu treten (Zick et al.
2011: 46), stets neben den davon differenzierten Items »Rassismus« und
»Fremdenfeindlichkeit«. An dieser Kategorienbildung wurde wiederholt
Kritik geübt (Attia 2013a; Foroutan 2013; Mosler 2012). Bemängelt wurde
etwa, dass die »Aufreihung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit oder
auch Antiziganismus als Formen der GMF« so wenig Sinn ergebe »wie
eine Aufteilung von Obst und Äpfeln oder Birnen«, weil es sich hier um
Gattungsbegriffe, dort umUnterarten handle (Mosler 2012: 23).Das istmit
Blick auf aktuelle rassismustheoretische Debatten, die Rassismus nicht
wie die GMF-Studie »verkürzt auf eine biologische Grenzziehung und ei-
nen entsprechenden Herrschaftsanspruch entlang von Abstammung und
Hautfarbe« bestimmen (Attia 2013a: 6), wohl richtig. Das entscheidende
Problem inHinblick auf die Bestimmung von Islamophobie ist jedoch ein
anderes.DasgesamteForschungsdesignderGMF-Studie, ihre theoretischen
Grundannehmen sowie die auf ihrer Basis vorgenommenen gesellschafts-
analytischen und zeitdiagnostischen Reflexionen gehen davon aus, dass
Menschengruppen als distinkte soziale Einheiten unabhängig von jenen
Prozessen existieren, durch die sie als ungleichwertig konstruiert werden.
Gesellschaft erscheint so einerseits als eine Ansammlung von Individuen,
die mehr oder wenig vorurteilsbehaftete Einstellungsmuster aufweisen;
und andererseits als Gesamtmenge eindeutig und objektiv bestimmbarer,
klar voneinander abgrenzbarer Menschengruppen, die durch diese Ein-
stellungsmuster abgewertet werden können. Damit wird deutlich, dass
die GMF-Konzeption, obwohl gerade um große »Spannbreite« (Heitmeyer
2002: 19) bemüht,nur einenaußerordentlich engenFokuszurUntersuchung
antimuslimischer Phänomene anzubieten hat. Denn die Entscheidung für
die Untersuchung individueller Einstellungsmuster im Verhältnis zu als
gegeben angenommenen Gruppen ist theoretisch wie forschungspraktisch
folgenschwer.Es geht hier umdie für dieRassismusforschung so entschei-
dende Frage der »Gegenstandsgewinnung« (Terkessidis 2004: 87): Was gilt
es eigentlich zu untersuchen, zu beschreiben und zu erklären?Dazu lassen
sichzweieinandergegenüberstehendeAnsätzeunterscheiden.Aufdereinen
Seite jene, denen die »Objektannahme« (Scherschel 2006: 29) immanent
ist. Diese Ansätze untersuchen Einstellungsmuster und Verhaltensweisen
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Title
- Im Namen der Emanzipation
- Subtitle
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Author
- Benjamin Opratko
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 366
- Keywords
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Categories
- Weiteres Belletristik