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3 AntimuslimischerRassismusalsanalytischesKonzept 63
gegenüber als gegeben angenommenen ›Objekten‹, d.h.meist zu ›Gruppen‹
zusammengefassten kollektiven AkteurInnen. Diese häufig sozialpsycholo-
gisch orientierte Perspektive ist Grundlage derVorurteilsforschung,wie sie
gegenwärtig etwavonAndreasZick imdeutschsprachigenRaumprominent
vertreten wird. Zick war wissenschaftlicher Mitarbeiter des GMF-Projekts
und istNachfolgerHeitmeyers als Leiterdes Instituts fürKonfliktforschung
an der Universität Bielefeld. Sein konzeptioneller Kernbegriff ist jener der
GruppealsKollektivkategorie,der einzelne Individuenzugerechnetwerden.
Die Entstehung und Konstruktion dieser Gruppen, ihre Identitäten und
Zugehörigkeiten stehen außerhalb des Erkenntnisinteresses der Vorurteils-
forschung. So wurden schon in einer früheren Studie von Zick, wieMark
Terkessidis kritisch bemerkt, Einstellungen gegenüber Gruppen wie »Süd-
europäern«, »Nordafrikanern«oder »Türken« erhoben (Terkessidis 2004: 42;
vgl. Zick 1997). Terkessidis stellt dazu fest, dass diese Vorgangsweise »die
fragloseExistenzundHomogenitätsolcherGruppennichtnurvoraus[setzt],
es zwingt die Beteiligten auch noch, ein gänzlich undifferenziertes Gefühl
wie Sympathie gegenüber ganzen Gruppen zu äußern« (Terkessidis 2004:
42). Ganz ähnlich verhält es sich in der GMF-Studie mit dem Item Is-
lam(o)phobie/Islamfeindlichkeit.DieGMF-Konzeptiongeht davonaus,dass
eineobjektivierbareGruppeder›MuslimInnen‹existiertundmeintwissenzu
können,werdieserGruppezuzurechnen istundwernicht.Das ist zunächst
deshalb problematisch, weil damit rassistische Spaltungen unbeabsichtigt
bestärktwerdenkönnen–etwa indemsuggeriertwird, dasswer alsMusli-
mIn gilt, keinE ›echteRDeutscheR‹ sein könne. ImanAttia hat diese Kritik
amdeutlichsten formuliert und ihremeigenenAnsatz zurErforschung von
antimuslimischemRassismusgegenübergestellt:
»DieFragen,dieinderStudiezurgruppenbezogenenMenschenfeindlichkeit
zuIslamophobiebzw. Islamfeindlichkeit […]gestelltwerden,deutendarauf
hin,dasseinebedeutsameDifferenzzwischen›Deutschen‹und›Muslimen‹
besteht unddass negativeÄußerungengegen Letztere sie als Angehörige
einerReligionsgemeinschaftansprechen.«(Attia2013a:3-4)
Sie weist eindringlich darauf hin, dass die Konzeption von Islamophobie
des GMF-Projekts droht, »den [rassistischen] Diskurs zu bestätigen und
›die Deutschen‹ ›den Muslimen‹ als jeweils homogene, statische, dichoto-
me Gruppen einander gegenüberzustellen« (Attia 2013a: 4). Dazu kommen
grundlegendeProblemefürdieempirischeForschungspraxis.Wie inKapitel
2 dargelegt, ist eineder zentralenHerausforderungen für die Islamophobia
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Title
- Im Namen der Emanzipation
- Subtitle
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Author
- Benjamin Opratko
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 366
- Keywords
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Categories
- Weiteres Belletristik