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4 GrundlageneinerhegemonietheoretischenRassismusanalyse 139
jeweilsspezifischenLogikenundRhythmenüberlagern.DieAutorenidentifi-
zieren (1.) eineökonomischeKrisedesbritischenundglobalenKapitalismus;
(2.) eineKriseder sozialenKräfteverhältnisse,der politischenApparateund
Parteien, einschließlich der Organisationen der Arbeiterbewegung, die als
»juniorpartners in themanagementof crisis« agierten (Hall et al. 1978: 318);
(3.) eineKrisedesStaates, indemsichdieunterschiedlichenStrategien zur
BearbeitungderökonomischenKriseals konfrontativeKonflikte verdichten;
und schließlich (4.) eine »crisis in political legitimacy, in social authority,
in hegemony, and in the forms of class struggle and resistance« (Hall et al.
1978: 319). Diese Krisendimensionen waren nicht auf einen gemeinsamen
Kern – etwa die Krise der Kapitalverwertung – zurückzuführen, sondern
fügtensichals jeweilsBesonderezusammen.Hall undKollegenbeschreiben
ausführlich, wie unterschiedliche Kämpfe und Bewegungen selbst dazu
beigetragen hatten, dass die alten Modi der moralischen und politischen
Führung abgelehnt, angegriffen oder ausgehöhlt wurden. Im Zentrumdes
Umbruchs stand 1968, »the year of a remarkable cataclysm: a parting of the
waters« (Hall et al. 1978: 240). Dazu gehörten die Sub- undGegenkulturen
der 1960er und 1970er Jahre, die feministische Bewegung, antirassistische
und antiimperialistische Kämpfe, aber auch die Klassenkämpfe neuer und
alter ArbeiterInnenbewegungen (Hall et al. 1978: 218-279).Mitte der 1970er
Jahre schien, wie Moritz Ege in einer Relektüre von »Policing the Crisis«
zusammenfasst, »der gesellschaftlich-kulturelle Konsens über die Legitimi-
tät von politisch-ökonomischerHerrschaft zerbrochen« (Ege 2015: 55). Erst
in diesemZusammenhang erschließt sich die Bedeutung des ›Handsworth
Case‹, die hysterisch wirkenden Medienkampagnen zur Kleinkriminalität,
das drakonischeStrafmaßdesRichters, der einExempel andrei Teenagern
statuiert.DiepolizeilicheVerfolgungder JugendlichenistKrisenbearbeitung
imumfassendenSinne: »the emergenceof a strategy for resolving the crisis
andtheintensepolitical-culturalworkthatwentintomakingitsdefinitionof
the crisis and its proposed solutions seemnecessary, appropriate anddesi-
rable«,wie JohnClarke,einerderCo-Autoren,rückblickendzusammenfasst.
»In this analysis, the ›exhaustionof consent‹ ismade visible, and theuse of
coercion is identifiedas thebasis foranattempt to reconstructhegemony in
amore authoritarianmode« (Clarke 2010: 341-342). AmEnde des Kapitels,
in dem Hall und seine Mitautoren die Krise der Hegemonie analysieren,
formulierensiedieseEinsichtmitpoetischerDringlichkeit:
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Title
- Im Namen der Emanzipation
- Subtitle
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Author
- Benjamin Opratko
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 366
- Keywords
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Categories
- Weiteres Belletristik