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4Â Â Â GrundlageneinerhegemonietheoretischenRassismusanalyse 159
–notwendigabstrakten–Kräfteverhältnisse treffenzukönnen,die in einer
bestimmten Konjunktur ein bestimmtes Hegemonieverhältnis bilden?Was
ist das empirischeMaterial, dasdafĂĽruntersuchtwerdenkann,undwiekann
ichesgenerieren?Gramsci selbstkonnte, schonaufgrundderBedingungen,
unter denen er imGefängnis arbeitenmusste, empirischeUntersuchungen
selbstnur inAnsätzendurchführen.WirfindenindenGefängnisheftenaber
durchausHinweisedarauf,wieausseinerSichtHegemonieempirischunter-
suchtwerdenkann.EinAnsatzpunkt ist etwaGramsciskontinuierlicheAus-
einandersetzungmitphilosophischenoderreligiösenDenksystemenundda-
mit verbundenenWeltanschauungen, die relevanten gesellschaftlichenEin-
fluss haben. SeineBeschäftigungmit der Philosophie vonBenedettoCroce,
mit StrömungendesKatholizismus, aber auchmit dem ›vulgären‹Materia-
lismusdes russischenKommunistenNikolaiBucharinzeichnetaus,dass sie
nichtdaraufangelegt ist, sieals jeweils falscheWeltauffassungzuentlarven,
sondern danach fragt, warum sie zu einem bestimmten historischen Zeit-
punktgesellschaftlichwirksamwerden.DemnachkanndieAnalysevonTex-
ten ›großer‹, bestimmte kulturelle Dynamiken ihrer Epoche zumAusdruck
bringender Intellektueller, einmöglicherEintrittspunkt fürdieHegemonie-
analyse sein.DanebennimmtGramsci aberauchTextsortenundMedienals
Erkenntnisgegenstand ernst, die in Politik undWissenschaft häufig als tri-
vialabgetanwerden:Groschenromane,Zeitschriften,populäreTheaterstücke
undLiteratur,RadioprogrammeundKinofilme.Eswill diedarinhäufigun-
bewusst zumAusdruckgebrachtenWelt-undSelbstverständnisseherausar-
beiten und zu ergrĂĽnden,wie diese Teil des Alltagsverstandswerden.Und
schlieĂźlich ist Gramsci besonders an allen Foren derĂ–ffentlichkeit interes-
siert, in denen die Auseinandersetzung darum stattfindet, welche partiku-
laren Interessen als allgemeine gelten. In Parlamenten (wenn sie nicht wie
imFaschismuszuTribünen totalerMacht verkommen), inöffentlichenAuf-
trittenund insbesondere in der Presse.DieseĂ–ffentlichkeit ist fĂĽr ihn kein
offenesForum,keinRaumderDeliberation,sonderneinKampffeld,aufdem
umpolitisch-ethische FĂĽhrung, um den Konsens und also umHegemonie
gerungenwird. »Was ›öffentlicheMeinung‹ genanntwird«, soGramsci, »ist
aufsengstemitderpolitischenHegemonieverknüpft,es istnämlichderBe-
rührungspunkt zwischen der ›Zivilgesellschaft‹ und der ›politischenGesell-
schaft‹, zwischen demKonsens und der Gewalt« (GH: 916). Im Kampf um
dieöffentlicheMeinungwerdeumden»öffentlichenpolitischenWillen«ge-
rungen,maßgeblich durch die »Organe der öffentlichenMeinung: Zeitun-
gen,Parteien,Parlament« (GH: 917).Woer vonder »›normale[n]‹ Ausübung
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Ă–sterreich
- Title
- Im Namen der Emanzipation
- Subtitle
- Antimuslimischer Rassismus in Ă–sterreich
- Author
- Benjamin Opratko
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 366
- Keywords
- Rassismus, Ă–sterreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Categories
- Weiteres Belletristik