Page - 321 - in Im Namen der Emanzipation - Antimuslimischer Rassismus in Österreich
Image of the Page - 321 -
Text of the Page - 321 -
8 Rassismus imNamenderEmanzipation 321
Schließlich ergeben sich neue Fragen undmögliche Anschlüsse an die
vorliegendeArbeit ausderTatsache,dass sichderGegenstand,währenddie
Forschungs- und Analysearbeit durchgeführt wurde, weiterentwickelt und
verändert hat. Die Konjunktur, die insbesondere in Kapitel 7 untersucht
wird, war national wie international von politischen Kräfteverhältnissen
geprägt, die sich seither weiter verschoben haben. In Österreich wurde
mit der FPÖ zwischenzeitlich jene Partei Teil der Bundesregierung, die
in den Interviews durchgehend als Hauptverantwortliche für den Anstieg
antimuslimischer Stimmung identifiziert wurde. Sebastian Kurz, damals
JungstarderkonservativenÖVP, inszenierte sichdamals inmigrations-und
integrationspolitischen Fragen als liberal. Seither wurde er Bundeskanzler
einerÖVP-FPÖ-Koalitionundpositionierte sichundseineRegierunggerade
indiesenFeldernalsHardliner.AuchnachdemvorläufigenEndederKoaliti-
onsregierungbleibtdieÖVPunterKurzaufeinemhartenantimuslimischen
Kurs.Mankönnteeinwenden,dievorliegendeStudiebefassesichmiteinem
Problem von vorgestern: Die hier untersuchten Formen der Veranderung
vonMuslimInnen imNamen von Fortschritt und Emanzipationwären an-
gesichts der erstarktenRechten, die eher konservativ-reaktionäreNarrative
vom›SchutzdereigenenKultur‹bedienen,zweitrangig.Ichhaltediesenhier
vorweggenommenen Einwand für fehlgeleitet. Tatsächlich werfen die hier
generierten Erkenntnisse vor dem Hintergrund der jüngeren politischen
Entwicklungen die beunruhigende Frage auf, welchen Anteil gerade jene
AkteurInnen amRechtsrutsch inÖsterreich (und der autoritärenWende in
anderen Teilen Europas; vgl. Oberndorfer 2019) haben, die sich selbst als
(links-)liberalundantirassistischverstehenundrechtspopulistischeParteien
ablehnen, aber zugleich durch ihr diskursives und affektives Investment
in die historizistische Variante des antimuslimischen Rassismus an der
Konstruktion des/dermuslimischen Anderen beteiligt waren und sind. Vor
diesemHintergrundgiltes,dasinderEinleitungeingeführteVerhältniszwi-
schen »liberal Islamophobia« und »illiberal Islamophobia« (Mondon/Winter
2017: 2157) neu zu diskutieren und gegebenenfalls anders zu bestimmen.
Zumindest für Österreich wären dann die Wechselwirkungen zwischen
›liberalen‹ und ›illiberalen‹ Varianten einesDiskurses, derMuslimInnen als
Problem artikuliert, zu untersuchen und auf ihre politische Effektivität im
Rahmen eines umfassenden politischen und gesellschaftlichen Rechtsrut-
sches zu prüfen. Damit sind gleichsam neue Fragen formuliert, die sich
eine hegemonietheoretischen Rassismusanalyse, verstanden als notwendig
unabgeschlosseneAufgabe,zukünftigzueigenmachenkann.
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Title
- Im Namen der Emanzipation
- Subtitle
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Author
- Benjamin Opratko
- Publisher
- transcript Verlag
- Location
- Bielefeld
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 366
- Keywords
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Categories
- Weiteres Belletristik