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immerhin hat er sich anfangs nicht weit von der »Hutschen« verdingt:
beim Kabarett.*
Die »einzige junge Elementarkraft unseres Journalismus. Ein Aus-
nahmsfall von renitentem Geist«40, wie Kuh Mitte 1918 von Berthold
Viertel apostrophiert wird, hatte ein erkleckliches Maß an Renitenz
nötig, um als solche auch anerkannt zu werden.41 Das junge Talent wird
zwar von Karl Tschuppik, 1910 bis 1917 Chefredakteur des »Prager
Tagblatts«, protegiert, der stimmt allerdings dessen ätzenden Witz und
hochgezwirbelte Schreibe redigierend gehörig herunter. Kuh fühlt sich
zum »Schapsel« und »Tinterl« degradiert, wenn man ihm keine »Aus-
nahmsstellung« einräumt42. Er droht damit – vierfach und balkendick
unterstrichen –, »keine Zeile mehr nach Prag« zu schicken, wenn man
dort seine besten Sachen vermodern läßt43, und verbittet sich’s Maxi-
milian Schreier, dem Herausgeber des Wiener »Morgen«, gegenüber
wutentbrannt, daß man ihn, der sich schließlich als Theaterreferent des
»Prager Tagblatts« »hinlänglich bekannt gemacht« hat, für »Fleißauf-
gaben« und »Gelegenheits-Dienste« heranzieht und ihn beim »Morgen«
offenbar nicht in der Rolle des »distinguierten Gastes, sondern [in der]
des zur Anpassung erzogenen Tinterls« sieht und seine Texte durch
redaktionelle Eingriffe platt macht.44
Wie andere Intellektuelle seines Jahrgangs kann auch Anton Kuh
sich des prägenden Einflusses der wirkmächtigen Nietzsche-Mode um
die Jahrhundertwende nicht entziehen. Wenn Friedrich Nietzsche im
Vorwort zum »Zweiten Stück« der »Unzeitgemässen Betrachtungen«,
zu »Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben«, program-
matisch verlautbart, er arbeite »gegen die Zeit«,45 vermeint man in eini-
gen Selbstaussagen Kuhs einen Nachhall davon zu vernehmen. Nicht
bloß beim Trapez-Akt des Stegreif-Sprechens ist ihm befeuernder An-
trieb, daß er »grundsätzlich nur gegen« spricht46, Kuh ist generell
»Gegenteils«-Fex.47
»Sein« Nietzsche ist der »Umwerter aller Werte«, der Umstürzler und
Rebell, der militant den herrschenden kulturellen Normen opponiert,
der Anarchist und Amoralist, der – »Anti-Philosoph unter den Philo-
* Anton Kuh tritt in den Jahren 1914, 1915 in den neugegründeten Kabaretts
»Rideamus« – das Etablissement in nächster Nähe zur Barnabitenkirche
(der heutigen »Mariahilfer Kirche«), anfangs unter der Leitung von Robert
Blum, ab Herbst 1914 unter jener von Ralph Benatzky, verzichtet aus
Gründen der »Schicklichkeit« auf die Bezeichnung »Kabarett« oder gar
»Varieté« und nennt sich »Bunte Bühne ›Rideamus‹«
– und »Uhu« (Wien
I,
Riemergasse 11, Direktion: Alexander Rotter) auf.
– Der Meldezettel vom
12.5.1914: »Charakter (Beschäftigung): Schriftsteller & Cabarettier«.
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Anton Kuh
Biographie
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Anton Kuh
- Subtitle
- Biographie
- Author
- Walter Schübler
- Publisher
- Wallstein Verlag
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3189-1
- Size
- 13.8 x 22.2 cm
- Pages
- 576
- Category
- Biographien