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Sinn des Vorhergegangenen natürlich nicht anders als metaphorisch zu
nehmen. Saß die Metapher – um so besser. (Daß die verletzte Eitelkeit
sich wieder einmal als das große ethische Pathos aufspielen werde, war
ohnedies zu erwarten.) Mit demselben Recht hätte mir also, da ich auch
von ›augenrollenden Grünlingen‹ sprach, irgendein kraushysterischer
Peter Zapfel, der an der Basedowschen Krankheit leidet, das ›Un-
würdige meines Vorgehens‹ durch einen Krakeel ›zu Bewußtsein brin-
gen‹ können. Jedenfalls zeigt der Vorfall, daß ich in meiner Darstellung,
die ausdrücklich nur der jüdischen Jugend galt, auch jene Nichtjuden
hätte einbeziehen müssen, die, äußerlich durch den bleichen, verzwick-
ten Gesichtsausdruck des Dilettanten gekennzeichnet, den Rest ihres
früheren Gleichgewichtes im Zuruf ›Judenbankert‹ bewahrt haben.«5
Auf gut wienerisch resümiert: Wie der Herr, so ’s G’scher. Erachtet
ja auch Kraus als Mittel der Wahl zur Sanktionierung polemischer
Widerrede – die Watschen.
Kraus repliziert mit »Aus der Sudelküche« scharf, bezeichnet Kuh,
ohne ihn beim Namen zu nennen, als »eines jener Tinterl […], die seit
Jahr und Tag davon leben, mir meinen Stil zum Scheuel und Greuel zu
machen«6, spricht von »psychologischem Schlieferltum«, das darauf
baue, daß sein, Kraus’, »Taschentuch am Ende nicht groß genug sein
werde, um alle Judennasen zu schneuzen«, von »Zeitungsschmierer«,
»Kaffeehausschmarotzer«, »Schwachkopf«, »Dielenbajazzo«, vom »Ty-
pus ›Asis-Ponem‹7 in der Literatur«, von »Kuhmist« und hält dort, »wo
das Prager Judendeutsch den Versuch unternimmt, sich polemisch mit
mir zu verständigen«, ein »abgekürztes Verfahren« der Auseinander-
setzung für angemessen: die Watschen.
Kraus läßt die »ganze Rasse der Neu-, Nach- und Nebbichtöner […],
die sich jetzt vereinigt zu haben scheinen, um das Literaturgeschäft auf
meinem Rücken zu effektuieren«, wissen, daß die Hoffnung, er, »Herr
aller Geräusche, als Fürzefänger derart unerschrocken sein werde«, sich
in der »Fackel« mit ihnen auseinanderzusetzen und sie somit auf die
Nachwelt zu bringen, vergebens sei. Soll heißen, sie seien nicht satisfak-
tionsfähig. Zugleich teilt er den an der Auseinandersetzung Beteiligten
mit, er werde – mit dem martialischen Schiller-Wort und damit sich
pikanterweise mit Karl Moor identifizierend
– nächstens unter sie treten
und »fürchterlich Musterung halten«.8
Kuh gibt sich in seiner Retourkutsche, »Aus dem Spucknapf«9, er-
staunt, daß Kraus sich seiner »Mahnrede« nicht durch Schweigen ent-
zogen hat, und enttäuscht über die rabulistischen Satzkaskaden und
persifliert die »Ekrasitexplosion von Worten, hierhin, dorthin, in alle
Winde, eins dem andern den Atem ausblasend, um den Vortritt der
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Anton Kuh
Biographie
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Anton Kuh
- Subtitle
- Biographie
- Author
- Walter Schübler
- Publisher
- Wallstein Verlag
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3189-1
- Size
- 13.8 x 22.2 cm
- Pages
- 576
- Category
- Biographien