Page - 183 - in Anton Kuh - Biographie
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der ›Urania‹ teilt mit, daß der Vortrag Anton Kuh kein Urania-Vortrag
war und daß die gegenteilige Notiz in der Abendzeitung vom 17. d.
nicht von der ›Urania‹ herrührte. Bei dieser Gelegenheit bringen wir
nochmals zur Kenntnis der Öffentlichkeit, daß nur jene Veranstaltungen
›Urania‹-Veranstaltungen sind, die in der ›Urania-Rubrik‹ als solche
angekündigt werden. Anderen Veranstaltungen im Urania-Saale (Deut-
sches Vereinshaus) steht die ›Urania‹ fern.«126
Diese Distanzierung erweist sich als allzu eilfertig, denn Kuh erntet
von tschechischer Seite Lob für seine sachlichen Bemerkungen, so in
»Právo Lidu«: »Der Geist, der seinen Vortrag durchdrang, war frei von
Engstirnigkeit, Nationalismus und Kleinlichkeit. Und dank dieses Gei-
stes verdient sein Vortrag Beachtung, der bei den deutschen Zuhörern in
der Urania, nach deren Verhalten zu schließen, ein dankbares Publikum
fand. […] Wenn es in Prag ein deutsches Milieu gibt, das systematisch
Vorträge solcher Art veranstaltet, ist es nicht notwendig, die Möglich-
keiten des friedlichen Zusammenlebens mit den Deutschen und der
tschechisch-deutschen Zusammenarbeit pessimistisch zu beurteilen.
Zumindest darf man nicht alle Deutschen in den nationalistischen Topf
werfen. Wir haben uns allzusehr daran gewöhnt, die Orientierung unse-
rer Deutschen nach ihren Zeitungen zu beurteilen. Wir sollten aber auch
nach ihrer Kultur- und Bildungstätigkeit urteilen, die in der Presse
nicht aufscheint.«127
Dabei ist Kuh den im Titel angekündigten brisanten Vergleich zu-
nächst schuldig geblieben und nur über die hypertrophe und politisierte
Bürokratie – »die Konzipistenbureaukratie von der 11. Rangsklasse
abwärts, […] ungebildet, gehässig, lebensfeindlich«128 – hergezogen,
unter deren eisernem Griff das christlichsozial regierte Österreich zu
ersticken drohe: »Wenn zwei Leute
– nach einem Worte Tschuppiks
–
sich in Wien zu Tisch setzen, so ißt ein unsichtbarer Hofrat mit, wenn
zwei sich ins Bett legen, so legt sich der unsichtbare Hofrat mit hinein. In
den Wiener Beamtenfamilien wurzeln die 40.000 hakenkreuzlerischen
Wühler von 2½ Millionen, jene anderthalb Prozent Komplotteure, von
denen die Hälfte aus nichtdeutschen Familien stammt und die im Namen
des Deutschtums die Wiener terrorisieren.«129
Erst mit einer Schlußvolte löste Kuh das Versprechen des Vortrags-
titels mit der Bemerkung ein, daß auch die Tschechoslowakei das Joch
der Bürokratie zu tragen habe, »nur mit dem Unterschied, daß man in der
Tschechoslowakei etwas für die Qualen der Bureaukratie bekomme«.130
Das »Montagsblatt« läßt es sich allerdings nicht nehmen, den Ver-
gleich, den Kuh nicht gezogen hat, nachzuholen und auf einer halben
Seite aufzulisten, was denn die Tschechoslowakei, genauer gesagt, die
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Anton Kuh
Biographie
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Anton Kuh
- Subtitle
- Biographie
- Author
- Walter Schübler
- Publisher
- Wallstein Verlag
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3189-1
- Size
- 13.8 x 22.2 cm
- Pages
- 576
- Category
- Biographien