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Porträtbüsten im Arkadenhof abwertend von
einem „Friedhof“ gesprochen wird, zeugt die- se Auffassung vom Unverständnis für eine einst
anspruchsvolle Denkmalform.
ein vorbildhaftes ensemble: die gelehrtendenkmäler in
den arkaden der universität pavia
Die Universität Pavia wird im Senatsprotokoll
von 1885 nicht ausdrücklich genannt, dürfte
aber im Bewusstsein der Verantwortlichen für
den Arkadenhof gewesen sein. Bis 1859 gehörten
die Universitäten Mailand und Pavia zum habs-
burgischen Herrschaftsgebiet. Sie wurden unter
der Regierung von Maria Theresia und Joseph II.
grundlegend reformiert und entwickelten sich zu
Musteruniversitäten, sodass sie die traditionsrei-
chen Universitäten Bologna und Padua – und
erst recht Wien – am Ende des 18. Jahrhunderts
an renommierten Professoren und Studenten-
zahlen weit übertrafen. Bedeutende Gelehrte
wie der Physiker Alessandro Volta, der Augen-
arzt Antonio Scarpa und der später in Wien das
Allgemeine Krankenhaus reformierende Arzt Jo-
hann Peter Frank wurden von Kaiser Joseph II.
nach Pavia berufen und ihre Forschungen fi-
nanziell unterstützt, sodass hier lange vor Wien
das Modell der Verbindung von Forschung und
Lehre verwirklicht wurde. Dies gelang im Zu-
ge der verwaltungstechnischen, ökonomischen
und bildungspolitischen Reformen in der Lom-
bardei, die behutsam unter Maria Theresia be-
gonnen und in straffer zentralistischer Form un-
ter Joseph II. fortgeführt wurden. Staatskanzler
Fürst Kaunitz setzte sich persönlich für die Be-
rufungen von Professoren ein und schlug bei
den Planungen der Universitätsumbauten Än-
derungen vor. Er vertraute dem Gubernator
Graf Firmian, der zentralen Persönlichkeit der
aufgeklärten Kreise in Mailand, und Freiherr
von Sperges, der von Wien aus den Schriftver- kehr führte.31 Von Wien aus kontrolliert wurde
auch der Ausbau der Universität. Die Architek-
ten Giuseppe Piermarini und Leopoldo Pollack
systematisierten und erweiterten eine Anlage aus
mehreren miteinander kommunizierenden Hö-
fen des 17. Jahrhunderts, sodass dort jeder Fa-
kultät ein eigener Hof zugehörig war (Abb. 6).32
Im Zuge der Umbauten entstand die Idee, die
altehrwürdige Geschichte der Universität durch
Installation der bereits in einem Lapidarium ge-
lagerten Steine abgebrochener Denkmäler in den
Hofarkaden sichtbar zu machen. Es entspricht
dem historischen Verständnis der Aufklärung
und dem Bedeutungswandel des Grabdenkmals
im Klassizismus, aber auch der josephinischen
Kirchenpolitik, dass damals Grabdenkmäler be-
deutender Gelehrter, die mit der Universität ver-
bunden waren, den Kirchen entnommen und in
die Höfe der Universität übertragen wurden. So
blieben wertvolle Denkmäler erhalten wie Re-
liefs mit dozierenden Professoren des Bologneser
Typus, z.B. für den Rechtsgelehrten Francesco
Abb. 6: Pavia, Universität, Cortile di Volta.
Der ArkADenhof im hAuptgebäuDe Der universität Wien 19
31 A. Wandruszka, Österreich und Italien im 18. Jahrhundert, Österreich Archiv. Schriftenreihe des Arbeitskreises für
Österreichische Geschichte. Wien 1963, S. 47–83. P. Fraccaro, L’Università di Pavia, Pavia 1957, S. 137–215.
32 G. Tibiletti, Monumenti e Cimeli dell’Ateneo Pavese, Pavia 1961; L. Erba/A. Morani, Monumenti e Lapidi con-
servati nel Palazzo Centrale dell’università di Pavia, Pavia 1977.
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Title
- Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Editor
- Ingeborg Schemper-Sparholz
- Martin Engel
- Andrea Mayr
- Julia Rüdiger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- WIEN · KÖLN · WEIMAR
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20147-2
- Size
- 18.5 x 26.0 cm
- Pages
- 428
- Keywords
- Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
- Categories
- Geschichte Chroniken