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zen um die Gunst des Kaisers. Dies zu einem
Zeitpunkt, als sich der Hof seinerseits durch Bil-
dungspolitik und kulturelles Kapital zu profilie-
ren beginnt: So finden sich seit 1666 wiederholt
prachtvolle Ehrenimmatrikulationen des Herr-
scherhauses in den Geschäftsbüchern der Uni-
versität.4
Mit der Wertschätzung universitärer Auto-
nomie legte sich seit dem ausgehenden 19. Jahr-
hundert ein Schatten über einen derart höfischen
Auftritt der Universitätsangehörigen. Erst 1988
hat Günter (Tobias) Natter das Thema der soge-
nannten „Wiener Rektorengalerie“ im Rahmen
seiner Dissertation über den Gesamtbestand der
Rektorenporträts aufgegriffen.5 Grundlegend für
die Einschätzung des sozialen Klimas und der
Nobilitierungspraxis im Umfeld der Universi-
tät sind darüberhinaus die Beiträge Kurt Mühl-
bergers.6
Auf Basis dieser Erkenntnisse lohnt es sich,
das Thema nochmals aufzunehmen: Im Zenit
steht weiterhin die Frage nach den Motivationen
für die ungewöhnliche Gemäldereihe: Wer unter den jährlich rotierenden Amtsinhabern wurde
für ein Porträt ausgewählt? Weshalb sind die Ar-
tisten nicht vertreten? Wem dient die Repräsen-
tation der Rektoren und was teilen die Bildnisse
über das in ihnen so offensichtlich verhandelte
Verhältnis von Universität und Kaiserhof mit?
Der Untersuchungsgegenstand führt also an die
Schnittstelle verschiedener historischer Diszipli-
nen. Die folgenden Ausführungen beginnen mit
einer kurzen Entwicklungsgeschichte des Rekto-
renamtes, um dann den Fokus auf die Situation
in Wien zu richten. Da die Gemäldereihe dem
Prinzip individueller Profilierung verpflichtet
scheint, empfahl sich ein exemplarisches Vorge-
hen, das mit dem ersten programmatischen Ein-
zelbild von 1672 einsetzt. Diese punktuelle Nah-
sicht eröffnet schließlich die stilgeschichtliche
Argumentationsbasis für die These, dass die Por-
träts mit dem Interesse einer Nobilitierungsbe-
stätigung in den großen Werkstätten im Umfeld
des Machtzentrums in Auftrag gegeben wurden.7
Im Anschluss daran wird die Genese der Bilder-
reihe rekonstruiert.
heidrun
rosenberg48
die Restaurierung von 16 lebensgroßen Porträts. Nach der Neuhängung 1886 ist in seinem Arbeitszeugnis vom 16.
November desselben Jahres (Akademischer Senat, Protokolle der artistischen Kommission, 1884-1, Sonderreihe 58)
allerdings die Rede von 17 lebensgroßen Universitätsrektoren: G. Natter, Icones Rectorum, Diss. Wien/Innsbruck
1988, S. 147 katalogisiert dieses dazugekommene Bild als „Unbekannt“. Den Dargestellten zeichnet zwar ein Zepter
aus, eine Inschrift aber fehlt und die Qualität ist auffallend gering. Vermutlich wurde das Bild von Prem – im Zuge
der Neuhängung – dazu gemalt.
4 Die erste kaiserliche Ehrenimmatrikulation geht auf Leopold I. und das Jahr 1666 zurück: Matrikel der Ungarischen
Nation (Liber Natio Hungaricae 1628–1772, Kodex NH 2 fol. 6a. In erzherzoglichem Rang trug sich vor ihm bereits
Ferdinand IV. ins Matrikelbuch der Österreichischen Nation ein. Kodex NA 2 fol. 4.
5 Natter, Icones Rectorum (zit. Anm. 3), zur Rektorengalerie S. 12–21, 79–82, 102–110, 240–242.
6 Die Matrikel der Universität Wien, VI, (1689–1715) (hrsg. von K. Mühlberger), Wien 1993 und Die Matrikel der
Universität Wien, VII, (1715/16-1745/46) (hrsg. von K. Mühlberger), Wien 2011; K. Mühlberger, Promotion und
Adelsverleihung im frühneuzeitlichen Österreich. Zur Nobilitierungspraxis der Wiener Philosophischen Fakultät im
17. und 18. Jahrhundert, in: Examen, Titel, Promotionen. Akademisches und staatliches Qualifikationswesen vom
13. zum 21. Jh. (hrsg. von R. C. Schwinges), Basel 2007, S. 575–624.
7 Natter, Icones Rectorum (zit. Anm. 3), S. 80 vermutet die Künstler aus dem Kreis der an der Universität immatri-
kulierten „cives academici“, wird aber nicht fündig.
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Title
- Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Editor
- Ingeborg Schemper-Sparholz
- Martin Engel
- Andrea Mayr
- Julia Rüdiger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- WIEN · KÖLN · WEIMAR
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20147-2
- Size
- 18.5 x 26.0 cm
- Pages
- 428
- Keywords
- Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
- Categories
- Geschichte Chroniken