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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
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dem entschiedenen Hochformat in der Univer- sität ab, wirkt größer und scheint an diesem Ort keine Legende zu benötigen. Links gibt es den Blick auf das ehrgeizige Bauvorhaben des Ab- tes frei. Die Vergleichsmomente zwischen bei- den Bildnissen liegen auf der Hand: Auch in Melk steht der Abt zwischen den Insignien bei- der Ämter. Die Körperhaltung variiert ein ähn- liches Muster: So hält Dietmayr in seiner ange- winkelten Rechten im Melker Bild das Birett vor Brust und Abtskreuz, mit seiner Linken stützt er sich auf die Seitenlehne des Abtstuhles. Hier lie- gen Geschäftsbuch und das Sapientia-Siegel der Universität. Das Abtswappen Dietmayrs ziert die Rückenlehne, daneben wird das Rektorenzepter sichtbar. Ein markanter Unterschied zwischen beiden Porträts manifestiert sich auch im Al- ter des Porträtierten: Das Wiener Gemälde zeigt den Abt deutlich gereift. Könnte man von ei- ner sehr freien Werkstatt-Wiederholung aus ei- nem Atelier in Wien sprechen, die den anderen Kontext miteinbezieht und sich in die zaghaft begonnene Reihe würdevoller Rektorenpersön- lichkeiten setzt? Hier soll in erster Linie Instituti- onsgeschichte geschrieben werden. Das Univer- sitätsgemälde fällt deshalb weniger repräsentativ aus, die selbstverständlichen Universitätsinsig- nien sind zurückhaltender gestaltet und schei- nen sogar etwas unbeholfen und später einge- fügt, die Infel hingegen leuchtet prachtvoll. Es ist auffällig, wie sehr die Präzision auseinander- driftet, mit der etwa Hände und Gesicht gege- ben sind oder auch den einzelnen Details von Infel, Glocke und Birett die behutsame Beschrei- bung eines Stilllebens gilt.50 Momente persönlichen Ehrgeizes lassen sich der Gestalt Dietmayrs nicht absprechen. Anders in dem Porträt des Juristen Georg Friedrich von Schickh († 1727). Es zählt zu den qualitätsvolls- ten aller Rektorenporträts in Wien (Abb. 7a). Entstanden scheint hier die Inkunabel einer neuen Gattung, das Porträt eines Staatsmannes, der – ohne Rüstung und mit Verhandlungsge- schick – die militärischen Großtaten des Feld- herren ablöst. Seine Schlachten führte er am Konferenztisch. Wer war Georg Friedrich von Schickh? Was seine Laufbahn in der Universi- tät betrifft, finden wir ihn 1694 im Amt des De- kans der juridischen Fakultät, 1695 bekleidete er das Amt des Rektors. 1710 wurde er nicht nur in den erblichen Ritterstand erhoben, son- dern erhielt für sich und seine Familie auch das Prädikat „Edler, Freiherr von“. Interessant sind die überlieferten Argumente für seine Nobili- tierung:51 Vernunft, Erfahrung, Adel, Loyalität und langjährige Treue. Die Staatskarriere wog also weit schwerer als die Universitätskarriere. Schickh hatte zunächst in verschiedenen Funk- tionen der Kaiserlichen und Königlichen Statt- halterei von Niederösterreich gedient, dann gelang der Karriereschritt in die geheime öster- reichische Hofkanzlei. Zu seiner größten Leis- tung zählt das Engagement für die Pragmati- sche Sanktion von 1713, denn es war Schickh, der das Gesetz zu Papier brachte, mit dem Kai- ser Karl VI. die Unteilbarkeit und Untrennbar- keit aller habsburgischen Erbkönigreiche und Länder festlegte.52 Ähnlich wie Christoph Weigel den Wie- ner Rector Magnificus im Stich vorgestellt hat heidrun rosenberg60 Wien/Pest/Leipzig 1889, S. 117. Nicht bei: E. A. Safarik, Johann Kupetzky (1666–1740). Gesamtwerk (hrsg. von Z. Kazlepka), Brno 2014. 50 Am Beispiel der Werkstatt von Meytens hat Georg Lechner jüngst beschrieben, wie sich die Zusammenarbeit in ei- ner arbeitsteiligen Ateliersituation gestaltete: Martin Meytens, der Jüngere (hrsg. von A. Husslein-Arco/G. Lech- ner), Wien 2014, S. 16 und 17. 51 UAW Konsistorial-Akten S 102, Schachtel 65 (Recherchen Schrauffs). 52 http://www.verfassungen.de/at/at/-18/pragmatischesanktion13.htm (Zuletzt besucht: 10.05.2017). Das Protokoll über die Sitzung des geheimen Rats vom 19. April 1713 dokumentiert die Anwesenheit von Schickh in Gegenwart des Kaisers und des Prinzen Eugen. Open Access © 2018 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
Title
Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
Editor
Ingeborg Schemper-Sparholz
Martin Engel
Andrea Mayr
Julia Rüdiger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
WIEN · KÖLN · WEIMAR
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20147-2
Size
18.5 x 26.0 cm
Pages
428
Keywords
Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
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