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ge artistische Kommission forderte, dass bei der
Konzeption hinsichtlich Größe und Format auf
umliegende Denkmäler Bezug genommen wer-
den soll.21 Da als Anbringungsort der Platz gegen-
über der Marmortafel für den Gynäkologen Ru-
dolf Chrobak des Bildhauers Edmund Hellmer
von 1927 ausgewählt wurde, sollte die rahmende
Steintafel für das Medaillon formal entsprechend
gestaltet sein.22 Die von der beauftragten Wiener
Steinmetzfirma Hauser hergestellte hochrecht-
eckige und matt geschliffene Tafel aus hellem
Sandstein – Osliper Stein – weist in der oberen
Hälfte eine kreisrunde, muldenartige Vertiefung
auf, in die das Medaillon eingelassen wurde.23 In
der unteren Hälfte wurde eine in Gold gefasste
Inschrift hinzugefügt, die den Namen und das
Tätigkeitsfeld Ernst Ludwigs bezeichnet, sowie
die Jahreszahlen 1874 und 1913 für die Dauer sei-
ner Lehrtätigkeit an der Universität Wien.
Das von Zumbusch angefertigte bronzene
Medaillon weist an der Unterseite des Halsansat-
zes die Signatur und Datierung „C.v.Z.1912“ auf
und wurde demzufolge zwei Jahre vor dem Tod Ernst Ludwigs hergestellt. Der Künstler zeigt
den Chemiker entsprechend seinem Alter als äl-
teren Mann mit Bart, das gelockte Haar streng
nach hinten und über das Ohr gekämmt, deut-
lich im Profil und mit knappem Halsabschnitt.
Zumbusch verzichtete im Gegensatz zu Glaser
auf die Darstellung eines Brustbildes in klassi-
scher Nacktheit und konzentriert sich auf den
Kopf in Profilansicht. Die Gestaltung entspricht
Zumbuschs historisierendem und idealisieren-
dem Stil, die strenge Form verleiht dem Porträt
Würde und Idealität. Gleichzeitig werden damit
die Verdienste um die chemische Wissenschaft
geehrt. Die Ansicht des Kopfes im strengen Pro-
fil unterstreicht den antikisierenden Charakter
des Medaillons. Im Vergleich zu dem bereits er-
wähnten Porträt von Luckhardt erscheint Lud-
wig im Medaillon deutlich idealisiert und durch
den leicht nach oben gerichteten Kopf und in die
Ferne schweifenden Blick von der Umwelt ent-
rückt. Gleichzeitig charakterisiert der Bildhauer
ihn durch lebensnah gestaltete Details, wie etwa
den Bart und den im Bereich der Augen und am
Hals vertieften fein gearbeiteten Falten.
Aus dem Entstehungsjahr des Medaillons
1912 stammt eine von Zumbusch anlässlich des
70. Geburtstages für Ernst Ludwig gefertigte
Bronzemedaille (Abb. 4).24 Auf dem Avers befin-
det sich dessen Profilporträt nach links mit Vor-
und Nachname als Umschrift, auf dem Revers
ein gebundener Lorbeerkranz, der im Mittelfeld
das Geburtsdatum „19. Jänner“ und die beiden
Jahreszahlen „1842–1912“ einfasst. Bereits auf den
ersten Blick wird deutlich, dass das Porträt auf
Abb. 4: Kaspar von Zumbusch, Medaille für Ernst Ludwig,
1912, ∅ 55 mm, UAW Sign. 102.2.3. andrea
mayr76
21 UAW Senat S 90.22, Schreiben des Rektors Hans Uebersberger an den Dekan der medizinischen Fakultät Roland
Grassberger vom 20. Juli 1931.
22 UAW Senat S 90.22, Auszug aus dem Protokoll der Sitzung des akademischen Senats unter der Leitung von Prof.
Dr. Gustav Riehl vom 16. Februar 1932.
23 Vgl. UAW Senat S 90.22, Rechnung Firma Eduard Hauser (Inhaber Robert Hauser) an die Universitäts-Gebäude-
inspektion, Wien, vom 30. Juni 1932. Bei M. Kolisko, Caspar von Zumbusch (zit. Anm. 5), S. 106 wird aus der
Korrespondenz zwischen der Firma E. Hauser und Zumbusch zitiert. Darin ersucht Hauser den Bildhauer um die
Fortsetzung ihrer erfolgreichen Zusammenarbeit und die Verwendung des ihm bekannten Materials. Die Firma
E. Hauser war im Besitz der Laaser Brüche.
24 Vgl. Hölbling, Medaillen der Wissenschaft (zit. Anm. 2), S. 99, Nr. 184 und Abbildung der Medaille auf Tafel 61.
Open Access © 2018 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Title
- Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Editor
- Ingeborg Schemper-Sparholz
- Martin Engel
- Andrea Mayr
- Julia Rüdiger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- WIEN · KÖLN · WEIMAR
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20147-2
- Size
- 18.5 x 26.0 cm
- Pages
- 428
- Keywords
- Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
- Categories
- Geschichte Chroniken