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Konkreten Bedarf nach einer Leibnizbüste
für die Aula weckte erst die von der Philosophi-
schen Fakultät ausgerichtete Feier zu Ehren des
200. Geburtstages von Leibniz am 21. Juni 1846
(Abb. 4):31 Die Mitglieder halten die Verherrli-
chung [?] durch die Aufstellung einer Marmorbüs-
te [bzw.] des Modelles einer solchen, […] für höchst wünschenswerth, und glauben, daß […] auch für
die Gegenwart [ein] ehrenvolles Zeugniß dafür ge-
geben würde, daß […] die Achtung vor der Wissen-
schaft und der wahren geistigen Größe nicht verlo-
ren gegangen ist.32
Der Leipziger Bildhauer und Rietschel-Schü-
ler Immanuel August Hermann Knaur (1811–
1872) erhielt daraufhin den Auftrag zur Ausfüh-
rung der Marmorbüste von Leibniz.33 Neben
einem Entwurf in Bleistift und Feder (Abb. 5)
übersandte er noch einen undatierten Kosten-
voranschlag, der den Vergleich von zwei Ausfüh-
rungen ermöglichte: einer kolossalen Büste und
einer lebensgroßen; beide Versionen kalkulierte
er zusammen mit einem dazugehörigen Gipsmo-
dell des geplanten Formates.34 Der Senat gab am
24. Februar 1846 hierzu etwas hölzern zu Proto-
koll, daß die Büste Leibnitzens, […], in colossa-
len / Maaßstabe ausgeführet werde, das sich / nach
sorgfältiger Erwägung der Umstände / und gehör-
ten [?] Gutachtens des Herrn / Baudirector Geute-
brück über die Auf- / stellung in der Aula ergeben,
daß nur / unter Anlagung eines solchen Maaß- /
stabes die Ausführung würdig […] sayn werde.35
Der undatierte Entwurf im Stadtgeschichtli-
chen Museum Leipzig zeigt den kolossalen Leib-
nizkopf frontal, anhand einer leicht ausradierten
Mittelachse ausgerichtet, auf flacher Plinthe und
mehrfach profiliertem, hohen Sockel (Abb. 5).
Dieser Sockel ist in zwei Versionen lesbar: zum
einen in einer schmaleren, auf ausladende Ge-
simse verzichtenden Variante, die durch ihren
direkten Übergang von der Büste zum Sockel
an eine verbreiterte Stele erinnert, und zum an-
deren in einer ausladenderen Version mit vor-
silvia
schmitt-maass292
31 Janda-Bux, Die Entstehung der Bildnissammlung (zit. Anm. 15), S. 155, Quelle: Acta, die Feier des Geburtstages
Leibniz’s und Errichtung eines Denkmals für selbigen betr., 1845, Univ.-Arch. Leipzig, II/V, 73. Gefeiert wurden
Doktorehrungen und Leibniz’ Geburtstagsfeier am 21. Juni 1846 und die Gründung der Akademie der Wissenschaf-
ten am 1. Juli 1846. Vgl. Illustrirte Zeitung, 159, VII., Leipzig, 18. Juli 1846, S. 43–44.
32 Quelle (zit. Anm. 31), Bl. 1.
33 Zwahr, Geschichte der Universität Leipzig (zit. Anm. 25), S. 165, Anm. 446: „ein von der ‚Deputation‘ als gelungen
akzeptiertes Werk des Bildhauers Knauer.“
34 Quelle (zit. Anm. 31), Bl. 11.
35 Ebenda, Bl. 12–12v.
Abb. 5: (Immanuel August) Hermann Knaur, Entwurf für
die Leibnizbüste der Universität, um 1846, Bleistift und Fe-
der in Dunkelbraun auf gelblichem Karton, 45 x 33 cm,
Leipzig, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig.
Open Access © 2018 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Title
- Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Editor
- Ingeborg Schemper-Sparholz
- Martin Engel
- Andrea Mayr
- Julia Rüdiger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- WIEN · KÖLN · WEIMAR
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20147-2
- Size
- 18.5 x 26.0 cm
- Pages
- 428
- Keywords
- Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
- Categories
- Geschichte Chroniken