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tutionen, Akteure und Interessengruppen waren
und sind jeweils involviert? Und welche Schluss-
folgerungen lassen sich unter Umständen für die Zukunft, d.h. für Perspektiven der Gelehrten-
memoria in mittelgroßen Universitätsstädten
wie Gießen ziehen?
die anfänge der giessener universität
Die frühneuzeitlichen Anfänge der Gieße-
ner Hochschule sind eng mit der Geschichte
der Universität im benachbarten Marburg ver-
knüpft. 1527 hatte Landgraf Philipp der Groß-
mütige (1509–1567) die Marburger Universi-
tät als erste lutherische Hohe Schule in Hessen
gegründet. Mit dem am 16. Juli 1541 ergange-
nen kaiserlichen Privileg erhielt die Alma Ma-
ter Philippina das Graduierungsrecht. Infolge
der Erbteilung des Fürstentums in zwei Land-
grafschaften 1604 und der zunehmend calvinisti-
schen Ausrichtung Hessen-Kassels, inklusive der
Universität in Marburg, erging am 19. Mai 1607
das Privileg Kaiser Rudolfs II. zur Gründung der
Gießener Universität in der weiterhin der reinen
lutherischen Lehre anhängenden Landgrafschaft
Hessen-Darmstadt.2 Die Academia Giessena
bzw. nach ihrem Gründer Landgraf Ludwig V.
(1577–1626; Abb. 1) benannte Ludoviciana in der
Festungsstadt Gießen war demnach eine glau-
bens- und territorialpolitisch motivierte Gegen-
gründung zur Marburger Universität und im
theologischen Disput der Zeit bedeutsam.
Hinsichtlich der Gelehrtenmemoria sind
für die Phase der Gießener Universitätsgrün-
dung und -etablierung im frühen 17. Jahrhun-
dert vor allem zwei Ensembles anzuführen: zum
einen die umfangreiche Folge gemalter Professo-
renbildnisse in der Universität, zum anderen die
plastischen Grabdenkmäler für die ersten Rek-
sigrid ruby
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2 Zunächst, seit dem 10. 10. 1605, hatte es in Gießen ein Gymnasium illustre und ein Pädagogium gegeben. – Zur Ge-
schichte der Gießener Universität vgl. P. Moraw, Kleine Geschichte der Universität Gießen, Gießen 1990 (2. Aufl.);
E.-M. Felschow/C. Lind, Ein hochnutz, nötig und christlich Werck. Die Anfänge der Universität Gießen vor 400
Jahren. Gießen 2007; E.-M. Felschow/C. Lind/N. Busse, Krieg, Krise, Konsolidierung. Die „zweite Gründung“
der Universität Gießen nach 1945, Gießen 2008.
3 Zur Kultur des Gelehrtenstandes in der Frühen Neuzeit vgl. u.a. M. Füssel, Gelehrtenkultur als symbolische Praxis.
Rang, Ritual und Konflikt an der Universität der Frühen Neuzeit, Darmstadt 2012. S. a. Die Praktiken der Gelehr-
samkeit in der Frühen Neuzeit (hrsg. von H. Zedelmaier/M. Mulsow), Tübingen 2001; Frühneuzeitliche Univer-
Abb. 1: anonym (Christoph Jobst?), Ganzfigurenporträt von
Landgraf Ludwig V. von Hessen-Darmstadt, ca. 1624–30,
Öl auf Leinwand, [ca. 200 x 115 cm], Universität Gießen.
Open Access © 2018 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Title
- Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Editor
- Ingeborg Schemper-Sparholz
- Martin Engel
- Andrea Mayr
- Julia Rüdiger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- WIEN · KÖLN · WEIMAR
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20147-2
- Size
- 18.5 x 26.0 cm
- Pages
- 428
- Keywords
- Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
- Categories
- Geschichte Chroniken