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AUF DER SUCHE NACH RÄUMEN UND FORMEN
DER MEMORIA. ERSCHEINUNGSFORMEN DER
GELEHRTENDENKMÄLER IN UNGARN
Géza Galavics – Bálint Ugry
Die Geschichte der Gelehrtenmemoria
durch Ensembles von Kunstwerken lässt
sich einerseits als permanente Suche nach den
Erscheinungsformen, welche die Gestalt einzel-
ner Gelehrter verewigen, und andererseits als
Suche nach den Räumen, welche die Gelehrten-
memoria aufnehmen, beschreiben. Der Aufsatz
stellt die Geschichte der Gelehrtenmemoria ei-
nes einzigen Landes, Ungarns, vor, und zwar
durch die typischsten Beispiele und die charak-
teristischsten Tendenzen aus einem Zeitraum,
der fast zweieinhalb Jahrhunderte umspannt.
Nicht, dass sie – als Kennzeichnen einer autoch-
thonen Entwicklung – eine voneinander abzu-
leitende einheitliche Reihe bilden. Denn eben-
so wie die Wissenschaft international ist, sind es
auch die Erscheinungsformen der Gelehrtenme-
moria. Von wem aber – von welchen Instituti-
onen und wie – diese Denkmäler verwirklicht
wurden und welche politischen, wissenschaftli-
chen und künstlerischen Absichten sich dahin-
ter verbergen, beabsichtigen die Verfasser aus
der Geschichte Ungarns und dort aus den Rol-
len und Verbindungen von Wissenschaften und
Gelehrten abzuleiten.
Die Hüter des kollektiven Gelehrtengeden-
kens waren von Anfang an meist die Universitä- ten. Die verschiedenen Fakultäten umfassten fast
die Gesamtheit der Wissenschaften. Es sind die
akademischen Fakultäten, die auch in der bild-
nerischen Repräsentation der Wissenschaften er-
scheinen. Die Fakultätsdarstellung des – auch in
Wien tätigen – Augsburger Malers Franz Sigrist
im Universitätsgebäude der nordungarischen
Stadt Eger (Abb. 1) stellt die Gelehrten der Zeit
dar, wie sie sich mit den charakteristischen Inst-
rumenten ihrer Wissenschaft betätigen. Nicht in
historisierenden Kostümen wie bei Daniel Gran
(Prunksaal der Hofbibliothek, Wien), auch nicht
in einem theatralischen Milieu wie bei Grego-
rio Guglielmi (Neue Aula der Alten Universi-
tät, Wien), sondern in zeitgenössischen Kostü-
men. Das Bild gilt als eine der authentischsten
Darstellungen von Wissenschaftlern der Auf-
klärungszeit, obwohl es keine konkreten Perso-
nen, sondern nur Typen darstellt.1 Der Auftrag-
geber Graf Károly Eszterházy (1725–1799) ließ
ab den 1760er-Jahren in Eger, seinem Bischofs-
sitz, eine groß angelegte katholische Universität
errichten. In dem mehrstöckigen Gebäude ent-
standen eine umfangreiche Bibliothek, ein reprä-
sentativer Festsaal (verziert mit dem Wandbild
von Franz Sigrist), ferner eine Kapelle (mit Fres-
ken von Franz Anton Maulbertsch) und auch
1 B. Matsche-von Wicht, Franz Sigrist, 1727–1803: Ein Maler des 18. Jahrhunderts, Weissenhorn 1977, S. 112–125.; J.
Jernyei Kiss, Die Welt der Bücher auf einem Deckenbild. Franz Sigrists Darstellung der Wissenschaften im Festsaal
des Lyzeums in Erlau, in: Bibliotheken, Dekor 17.–19. Jahrhundert (hrsg. von F. Barbier/I. Monok/A. De Pas-
quale), Budapest/Rom/Paris 2016, S. 145–154.
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Title
- Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Editor
- Ingeborg Schemper-Sparholz
- Martin Engel
- Andrea Mayr
- Julia Rüdiger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- WIEN · KÖLN · WEIMAR
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20147-2
- Size
- 18.5 x 26.0 cm
- Pages
- 428
- Keywords
- Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
- Categories
- Geschichte Chroniken