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FRANTIŠEK PALACKÝ IM PRAGER PANTHEON UND AUF
DEM PLATZ*
Martin Krummholz
im pantheon stehend
Um die Entstehung des tschechischen National-
museums1 im Jahr 1818 machte sich maßgeblich
der Historiker, Politiker und führende Initiator
der Erneuerung des tschechischen Kulturlebens
und des Nationalselbstbewusstseins, František
Palacký, (1798–1876) verdient.2
Als Zentralraum im Neorenaissance-Neu-
bau des Nationalmuseums, das man in den Jah-
ren 1885 bis 1890 nach Entwurf des Architekten
Josef Schulz in der oberen Achse des heutigen
Wenzelsplatzes anstelle des 1875 abgerissenen
Rosstors baute, entstand das sogenannte Pan-
theon (Abb. 1). Dieser durch die zentrale Kup-
pel ausgeleuchtete Festsaal ist mit skulptura-
len Porträts der prominenten Persönlichkeiten
der böhmischen Geschichte und der patrioti-
schen Elitenmitglieder des 19. Jahrhunderts aus-
geschmückt. Verspätet errichtete man hiermit
in Prag ein tschechisches Nationalheiligtum im
Geiste der europäischen Romantik des 19. Jahr-
hunderts. Obwohl sich dessen Bezeichnung zu den französischen Aufklärungsidealen bekennt,
war die ursprüngliche Inspiration des böhmisch-
tschechischen Pantheons die bayerische Walhal-
la (fertiggestellt 1842). Schon im Jahr 1837 beab-
sichtigte der Grundbesitzer und Mäzen Anton
Veith (1793–1853), ein Förderer der romantisch
patriotischen Tendenzen, auf seinem mittelböh-
mischen Gutsbesitz in Tupadly bei Liběchov eine
Ruhmesstätte (Slavín) mit den plastischen Bild-
nissen der bedeutendsten Persönlichkeiten der
tschechischen Geschichte zu errichten. Im Jahr
1845 beauftragte Veith den Münchener Bildhau-
er Ludwig von Schwanthaler (1802–1848) mit der
Anfertigung von insgesamt 21 Statuenmodellen.
Jedoch führte der Künstler bis zu seinem Tod
nur acht von diesen historisierenden Figuren
aus. Deren Bronzeabgüsse (1847–1867) schmü-
cken heute das Eingangsvestibül und das Stie-
genhaus des Nationalmuseums.3
František Palacký, der jahrelang als Ge-
schäftsführer der Gesellschaft des Patriotischen
* Dieser Aufsatz entstand im Rahmen des Projektes Stopy tvorby. Dědictví velkých sochařů první poloviny 20. století.
Restaurování a péče o sochařské památky ze sádry (NAKI, 2016–2019, reg. Nr.: DG16P02B052) dank der Unter-
stützung des tschechischen Kulturministerium (Ministerstvo kultury ČR).
1 Ursprünglich Vaterländisches/Patriotisches Museum in Böhmen, seit 1848 Böhmisches Museum, 1854–1919 Muse-
um des Königreichs Böhmen.
2 František Palacký, in: ÖBL 1815–1950, Band. 7 (Lfg. 34, 1977), S. 294 ff.; J. Staif, František Palacký. Život, dílo, mý-
tus, Praha 2009.
3 Zur Museumsgeschichte: V. Denkstein, Vývoj a koncepce Panteonu a umělecké výzdoby Národního muzea v Praze
v 19. století, in: Časopis Národního muzea. Historické muzeum, CXLII, 1973, S. 65–87; L. Sršeň, Budova Národ-
ního muzea v Praze 1891/1991. Architektura, umělecká výzdoba a původní uměleckořemeslné vybavení, Praha 1991.
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Title
- Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Editor
- Ingeborg Schemper-Sparholz
- Martin Engel
- Andrea Mayr
- Julia Rüdiger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- WIEN · KÖLN · WEIMAR
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20147-2
- Size
- 18.5 x 26.0 cm
- Pages
- 428
- Keywords
- Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
- Categories
- Geschichte Chroniken