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MännlicheDamen,weiblicheMänner 145
der letztenJahrzehntedes19. JahrhundertsgaltendahingegenalsdieSchmie-
denfürdiebestenGesangsartist*innenundKomiker*innen:VondenWiener
„Brettln“ausgingenvieledererfolgreichstenHumorist*innenundChansonet-
ten indieWelt.116EineBesonderheitderNewYorkerSzenewardie Infrastruk-
tur,diesiedenreisendenKünstler*innenausEuropabot,umaufeinerTourüber
längereZeit inNewYorkarbeitenzukönnen.VordiesenRahmenbedingungen
gestaltetensichdieRollenbilderundFunktionenderVarietészenezwischen
dendrei Städtenähnlich.Vor allemdieVorwürfe, dieder Szenegegenüber
aufgrunddieserneuentstehendenRäume,die fürdiemobilePopulärkultur
wichtig waren, geäußert wurden, beeinflussten die Selbstverständnisse der
Künstler*innen.VondenVerständnissendarüber,welcheverschiedenenRollen
denAkteur*innen inderPopulärkulturzukamenunddavon,wie sichdiese
RollenbilderzudenVorwürfenverhielten,handeltder folgendeAbschnitt.Da-
bei soll zunächstvondenVolkssängernundRegisseurendieRedesein,weiters
vondenVolkssängerinnen,SoubrettenundChantant-Mütternundschließlich
vondenDirektoren.
Volkssänger,GesangshumoristenundKomödianten
Werein(‚jüdischer‘)Volkssänger, einGesangshumoristodereinKomödiant
war, istwederklardefiniertnocheindeutig.Ebenso imDiffusenverlierensich
Definitionsversuchedessen,waseinVolkssänger, einGesangshumorist,Komö-
diantoderKabarettistmachtebeziehungsweiseworinsichdieseTätigkeiten
unterschieden.
AbrahamGoldfaden (1840–1908)giltalsderBegründerdesjiddischenThea-
ters.DassAbrahamGoldfaden langevorseinerKarriere inLiteraturundDra-
maturgieVolkssängerundGesangshumoristgewesenwar, istwenigerbekannt.
FabiusSchachnannteGoldfaden1901inseinerGeschichteüberdas jüdische
Theater einender ersten jüdischenVolkssänger. „Goldfadenwar schon lan-
gevorheralspatriotischerVolkssängerwiealsHumoristbekannt,undseine
Liedersammlung ‚Das Jüdele‘ gehörte zudenbeliebtesten.“117Nebendieser
LiedsammlungbliebSchachallerdingszurückhaltend,wasdieVolkssänger-
qualitätendesgroßenLiteratenbetraf: „ErreihteeinigezugkräftigeCouplets
aneinander, fülltedieLückenmit irgendeinerunsinnigenErzählungaus,klebte
einigeWitzedaranundhatteein‚Stück‘.ErkonntewederLebenundHandlung,
nochCharaktere inseineStückeeintragen.“118DasBesondereanGoldfadens
116 IAR,1.11.1893,1–2.
117 JuliusSchach, „Das jüdischeTheater, seinWesenundseineGeschichte“,OstundWest1,
no.5(1901):347–358,350.
118 Ebda.
© 2021 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H & Co. KG, Wien
https://doi.org/10.7767/9783205211884 | CC BY 4.0
Auf die Tour!
Jüdinnen und Juden in Singspielhalle, Kabarett und Varieté
Zwischen Habsburgermonarchie und Amerika
- Title
- Auf die Tour!
- Subtitle
- Jüdinnen und Juden in Singspielhalle, Kabarett und Varieté
- Author
- Susanne Korbel
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21188-4
- Size
- 15.9 x 24.0 cm
- Pages
- 272
- Category
- Kunst und Kultur