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Das automatisierte Fahren im
Kontext62
automatische Auto durch Vandalismus unter manuelle Kontrolle zu bringen. Der Film
zeigt selbst steuernde Fahrzeuge als Element einer Kontrollgesellschaft, in der Verbrechen
verhindert werden können, bevor sie passieren. Als ein Polizist beschuldigt wird, in Zu-
kunft selbst einen Mord zu begehen, versucht er in einem der automatischen Maglev
( Magnetic Levitation)-Fahrzeuge zu flüchten. Doch kurz darauf ertönt eine weibliche
Stimme: „Security lockdown enabled: Revised destination: Office“ (Minority Report,
00:41:49). Der Wagen wird automatisch auf die entgegengesetzte Spur gelenkt und fährt
zurück zum Hauptquartier. Das Auto ist zu einem Vollautomaten (s. Kap. 2) geworden,
Behörden mit Sonderrechten können in die Steuerung eingreifen. Der Flüchtige ist iden-
tisch mit einem Gefangenen. Für ihn besteht die einzige Lösung darin, das Auto zu verlas-
sen, indem er aus dem Fenster springt.
Diese Sequenz zeigt eine der wesentlichen Vorbehalte gegenüber dem autonomen
Fahren. Einer der kulturellen Vorzüge des Automobils lag historisch in der Suggestion einer
Identität mit dem Selbst. Hier entgleitet das Vehikel nicht nur der Kontrolle dieses Selbst,
es wird regelrecht zur Falle, da es von außen ferngesteuert werden kann. Somit repräsentiert
es genau das Gegenteil des anthropologisch dominanten, unbewussten Fluchtwunsches,
dessen Einlösung das Automobil historisch versprach.
3.20 Die Wahl des Steuerungsmodus per Stimme oder Knopfdruck
Eine zweite Gruppe von Filmen zeigt eine „demokratischere“ Version des automatischen
Fahrens – über eine Mensch-Maschine-Schnittstelle kann der Fahrer zwischen automa-
tischer und manueller Steuerung wählen.
Im futuristischen Thriller Demolition Man (1993) von Marco Brambilla ist das auto-
nome Fahren Teil einer perfekten Welt ohne Gefahren, in der Schimpfwörter, Fleisch,
Schokolade, körperlicher Sex, Benzin und scharfes Essen verboten sind. Der Film zeigt
einen futuristischen Polizeiwagen, der sich sowohl automatisch als auch manuell steuern
lässt. Auf den gesprochenen Befehl „SelfDrive on!“ antwortet das Auto mit einer weib-
lichen Stimme und das Lenkrad entfaltet sich (Demolition Man 12:42).
Wie in Total Recall wird auch hier die Interface-Tauglichkeit der Sprache für unzu-
verlässig befunden. Der Bordcomputer meldet einen Softwarefehler und plötzlich ist das
Umschalten in den SelfDrive-Modus nicht mehr möglich. Das Auto rast in eine Kurve
und auch der Schrei „Bremsen!“ kann den Unfall nicht vermeiden, da das Fahrzeug nicht
reagiert (Demolition Man, 01:30:20). Mit dieser Sequenz erinnert das Kino daran, dass mit
jeder neuen Technologie auch neue Unfalltypen entstehen.
Zwei weitere Filme betonen, dass uns die Flucht nur gelingen kann, wenn das autonome
Fahrzeug auf manuelle Steuerung umgeschaltet werden kann.
Das fünfte Element (1997) von Luc Besson handelt von dem Taxifahrer Korben Dallas
(Bruce Willis), der in einer völlig automatisierten Wohnung lebt und über ein Flugtaxi
verfügt. Wie in vielen Filmen wird auch hier die Automatisierung mit Totalüberwachung
gleichgesetzt. Zugleich wird das Haptische des Tastendrucks aber als Garant einer letzten
Autonomes Fahren
Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte
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