Page - (000116) - in Autonomes Fahren - Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte
Image of the Page - (000116) -
Text of the Page - (000116) -
Wechselwirkung Mensch und autonomer
Agent104
welche Informationen der Denkapparat eines Menschen benötigt, um auf veränderte Um-
weltbedingungen adäquat zu reagieren. Andererseits können auf diese Weise Wissens-
repräsentationen und Funktionsannahmen konzeptualisiert werden, um beispielsweise
Erwartungen und Verhaltensweisen von Nutzern im Umgang mit automatisierten Systemen
zu verstehen und vorherzusagen.
Die Automatisierung der Fahrzeugführung verändert die Anforderungen an das kogni-
tive System des Autofahrers grundlegend. Die Rolle des Menschen als physisch aktiver
Entscheidungsträger im Fahrzeug wird mit zunehmendem Automatisierungsgrad durch
automatisierte Systeme ersetzt. Bislang wichtige Handlungsmuster (z. B. zur Durchführung
von Lenkmanövern) werden nicht mehr benötigt und unter Umständen verlernt, gleichzei-
tig müssen neue Fertigkeiten (z. B. Systemüberwachung) und ein neues Systemverständnis
erlernt werden. Zugrundeliegende mentale Modelle müssen modifiziert oder neu struk-
turiert werden. Für die Sicherheit und die Akzeptanz von autonomen Fahrzeugen wird es
von entscheidender Bedeutung sein, die neuen Rollen des Menschen im autonomen Fahr-
zeug so zu definieren, dass sie sowohl den Fähigkeiten des menschlichen Informationsver-
arbeitungssystems entsprechen, als auch den Erwartungen und Bedürfnissen der Menschen
gerecht werden. In dem vorliegenden Beitrag werden diese beiden Aspekte betrachtet. Mit
Blick auf die bisherigen Erkenntnisse der Automatisierung in unterschiedlichen Domänen
wird der Frage nachgegangen, welche kognitiven und emotionalen Dimensionen bei der
Gestaltung von automatisierten Fahrzeugen zu berücksichtigen sind. Auf Basis einer mit
den Co-Autorinnen dieses Buches Rita Cyganski, Eva Fraedrich und Barbara Lenz durch-
geführten deutschlandweiten Online-Befragung wird komplementär dazu untersucht, mit
welchen mentalen Modellen potenzielle Nutzer autonomen Fahrzeugen begegnen.
Das Kapitel ist in zwei Hauptabschnitte unterteilt. Im ersten Teil wird zunächst ein
Überblick zu den zentralen Modellen, Gestaltungskonzepten und Befunden der Automa-
tisierung in Hinblick auf die Herausforderungen und Problembereiche der Mensch-Ma-
schine-Interaktion gegeben. Dem folgt eine Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse
zu den kognitiven Auswirkungen in (teil-)automatisierten Fahrzeugen. Im Anschluss wird
der theoretische Hintergrund des Konzepts der mentalen Modelle erläutert. Der zweite Teil
widmet sich den Ergebnissen der Online-Befragung. Die Mobilitäts-, Kontroll- und Erleb-
nisbedürfnisse sowie emotionalen Reaktionen potenzieller Nutzer gegenüber autonomen
Fahrzeugen werden dabei, differenziert nach den in dem Projekt entwickelten Nutzungs-
szenarien, dargestellt. Das Kapitel schließt mit einer Zusammenfassung und den Schluss-
folgerungen der Ergebnisse.
6.2 Der Faktor Mensch im autonomen Fahrzeug
6.2.1 Die Gestaltung automatisierter Systeme
Die Frage der nutzergerechten Gestaltung automatischer Systeme ist seit Jahrzehnten Gegen-
stand wissenschaftlicher Diskussion (vgl. z. B. [2, 3]). Mit der wachsenden Leistungsfähig-
Autonomes Fahren
Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte
Gefördert durch die Daimler und Benz Stiftung