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1216.4
Zusammenfassung und Schlussfolgerung
sind die Voraussetzung für das notwendige Situations- und Systembewusstsein im Umgang
mit dem automatisierten Fahren. Andererseits muss auch das technische System in der Lage
sein, den mentalen Zustand des Fahrers, seine Intentionen sowie sein Verhalten richtig zu
interpretieren und in einem Fahrermodell dynamisch abzubilden. In adaptiven und koope-
rativen Gestaltungskonzepten werden diese Aspekte bereits in hochautomatisierten Fahrzeu-
gen prototypisch umgesetzt [44, 67]. Darüber hinaus arbeiten aktuell Automobilhersteller
und Forschungseinrichtungen in diversen Projekten an den potenziellen Lösungen dieser
Probleme (www.adaptive-ip.eu; www.incarin.de; www.urban-online.org).
In den Umfrageergebnissen werden teilweise vorhandene Widersprüche zwischen dem
technisch Möglichen und den von der Bevölkerung gewünschten Innovationen sichtbar.
Auch wenn man sich mehrheitlich an die Übernahme bestimmter Fahraufgaben (z. B. Ge-
schwindigkeitsregelung) durch Assistenzsysteme gewöhnt hat, wollen die meisten buch-
stäblich nur ungern das Lenkrad aus der Hand geben. Die heutigen kognitiven und affek-
tiven Repräsentationen zu der Rolle des Fahrers sind noch sehr stark mit dem traditionellen
Bild des aktiven Chauffeurs verbunden. Die Vorstellung, im Fahrzeug die Rolle des passi-
ven Passagiers einzunehmen, findet nur wenig Akzeptanz. Das traditionelle, manuell ge-
steuerte Auto ist in der Bevölkerung noch derart stark mit den Idealvorstellungen assoziiert,
dass vollständig autonome Fahrzeuge mehrheitlich noch nicht den Mobilitätsbedürfnissen
entsprechen. Die noch offene Frage ist, ob eine schrittweise, evolutionäre Automatisierung
des Fahrzeugs die notwendigen Veränderungen mentaler Modelle bezüglich der Rollen-
erwartungen im autonomen Fahrzeug erreichen kann. Eine situationsspezifische Übergabe
der Fahraufgaben an das autonome Fahrzeug kann dabei, wie an den hohen Akzeptanzraten
des Valet-Parkens ersichtlich wird, eine mögliche zielführende Alternative darstellen.
Die Ergebnisse der Befragung liefern ferner Anhaltspunkte für mögliche Strategien
dieser Transformation, die sich an den Bedürfnissen und Emotionen potenzieller Nutzer
orientieren. Das Hauptargument bisheriger öffentlicher Debatten für die Einführung auto-
nomer Fahrzeuge ist die erhöhte Sicherheit im Straßenverkehr. Diese Wahrnehmung wird
jedoch nicht von der breiten Bevölkerung geteilt. Vielmehr sehen die Teilnehmer dieser
Studie ihre Bedürfnisse wie Stressreduktion, Komfort und Umweltfreundlichkeit im Falle
einer Nutzung autonomer Fahrzeuge erfüllt. Gleichwohl sind damit verbundene Emotionen
wie Machtlosigkeit und Angst wirkungsmächtige, akzeptanzhemmende Faktoren. Der
menschliche Denkapparat ist nicht in der Lage, das Risiko seltener Ereignisse objektiv
einzuschätzen [58], sodass die Ängste und Bedenken zu irrationalen Entscheidungen füh-
ren können. Eine nutzerzentrierte Entwicklung bedeutet aus dieser Sicht, auf bestehende
Bedürfnisse sowohl in der Kommunikation als auch in der konkreten Gestaltung der Sys-
teme einzugehen.
Für den potenziellen Nutzer stellt sich letztendlich die Frage des Mehrwertes eines auto-
nomen Fahrzeugs gegenüber dem bislang noch hoch in der Gunst stehenden manuell ge-
steuertem Vehikel. Worauf soll die Aufmerksamkeit gerichtet werden, wenn man sich schon
nicht mehr aus Sicherheitsgründen mit der Fahrzeugsteuerung beschäftigen „darf“? Ent-
gegen den Erwartungen haben die Teilnehmer mehrheitlich nicht das erweiterte Infotain-
ment-Sortiment von Internet bis Fernsehen vor Augen, sondern wollen vielmehr ungestört
Autonomes Fahren
Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte
Gefördert durch die Daimler und Benz Stiftung