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1437.9
Neue Kommunikationsformen für einen effektiven Informa tionsaustausch
Ein einfaches Beispiel
Ein Fußgänger würde eine Straße nicht überqueren, wenn sich ein Auto nähert, da er nicht
sicher ist, ob er vom Fahrer gesehen wird und ob der Fahrer bremst bzw. anhält. Bei einem
autonomen Fahrzeug kann sich der Fußgänger darauf verlassen, dass das Fahrzeug (unter
Berücksichtigung der physikalischen Grenzen) in jedem Fall anhalten wird. Das Stoppen
autonomer Fahrzeuge könnte also durchaus ein Sport für Jugendliche werden bzw. Erwach-
sene dazu verleiten, ohne Rücksicht auf den fließenden Verkehr, die Straße zu überqueren.
„Der muss ja anhalten – so ist er programmiert“. Beides ist für den Verkehrsfluss nicht
günstig und wird die Akzeptanz autonomer Fahrzeuge nicht positiv beeinflussen.
Ob der Negativeffekt eintritt, ist schwer vorherzusagen. Es hängt sicher stark von der
Art und Weise der Einführung autonomer Fahrzeuge ab. Gelten sie als positive technische
Neuerung, der man gewisse Schwächen verzeiht, so dürfte der Negativeffekt kaum auf-
treten. Gelten sie hingegen als Statussymbol für Privilegierte, so wird der „Neidfaktor“
überwiegen und Versuche, das System zu stören, werden gehäuft auftreten.
7.9 Neue Kommunikationsformen für einen effektiven Informa-
tionsaustausch aus psychologischer und technischer Sicht
Prinzipiell muss ein autonomes Fahrzeug Gesten bzw. Trajektorien anderer Verkehrsteil-
nehmer erkennen und interpretieren können. Zur Interpretation benötigt es Situationswis-
sen, um die Zeichen richtig zu deuten. Für die Informationsübermittlung zu anderen Fahr-
zeugen oder Verkehrsteilnehmern dürften für die meisten Situationen die „offiziellen“
Signale wie Blinker, Hupe und Lichthupe ausreichend sein.
Ein interessanter Ansatz zur Kommunikation zwischen autonomen Fahrzeugen und
Fußgängern stammt von der Forschungsgruppe um Kent Larsen vom MIT [17]. In einem
Prototyp mit Multisensorik, der allerdings nur entfernt einem realen Fahrzeug ähnelt,
wurden mehrere Aktoren eingebaut. Schwenkbare und blinkende LEDs, die wie ein Auge
aussehen, wenden sich dem Fußgänger zu und signalisieren ihm: „Ich habe dich gesehen.“
Zusätzlich schwenken gerichtete Lautsprecher zum Fußgänger und sagen ihm, dass er
die Straße überqueren kann.
Werden Fußgänger entdeckt, so können LEDs in den Rädern, die die Farbe von Grün zu
Orange und Rot ändern, den Fußgängern anzeigen, dass sie erkannt wurden, um sie zu
warnen (s. Abb. 7.13).
Ein weiteres Signal, das von autonomen Fahrzeugen an andere ausgesendet werden
kann, besteht im „deutlichen Fahren“.
Will beispielsweise ein autonomes Fahrzeug mit einem anderen kooperieren (z. B. Öffnen
einer Lücke zum Einscheren), so müsste es deutlich verzögern, um die Lücke erkennbar
zu machen und dem anderen Fahrer die Sicherheit zu vermitteln, dass ein gefahrloses Ein-
scheren möglich ist.
Kommunikation und informelle Regeln unterliegen einem permanenten Wandel. Auf
der verbalen Ebene lässt sich das eindrücklich an dem Wort „geil“ nachvollziehen. Spätes-
Autonomes Fahren
Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte
Gefördert durch die Daimler und Benz Stiftung