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Gesellschaftliche Risikokonstellation für autonomes Fahren – Analyse,
Einordnung682
Optionen autonomen Fahrens als Teile attraktiver Mobilitätszukünfte mit mehr Sicherheit,
mehr Effizienz, mehr Gerechtigkeit und mehr Komfort/Flexibilität anzusehen. Zwar gibt
es kein Nullrisiko – das hat man aber beim bisherigen Autofahren auch nicht!
Zwei große Akzeptanzrisiken verbleiben: Das eine ist die Möglichkeit der Skandalisie-
rung von Problemen bei Testfahrten oder von Technikversagen, möglicherweise im Kon-
text von Unfällen, durch massenmediale Berichterstattung (Stichwort Elchtest). Die Folgen
wären schwer absehbar. Aber auch hier gilt, dass ja der Elchtest nicht Anlass gegeben hat,
die Technologie des Autofahrens abzulehnen. Das Problem bestünde – vorausgesetzt die
obige Einschätzung trifft zu, dass die Nutzenerwartungen für die Akzeptanz wichtiger sind
als die Risikobefürchtungen – eher darin, dass der Reputationsverlust einzelne Marken
treffen wĂĽrde, nicht die Technologie des autonomen Fahrens insgesamt.
Die zweite groĂźe Unbekannte ist die Psychologie des Menschen. Ob und inwieweit
Menschen sich, und d. h. im Ernstfall auch ihr Leben und ihre Gesundheit, autonomen
Fahrzeugen anvertrauen werden, ist eine offene Frage. Akzeptanzprobleme anderer auto-
nomer Verkehrssysteme wie von U-Bahnen oder von Shuttle-Diensten sind zwar nicht
bekannt. Aber schienengebundene Fahrzeuge werden anders wahrgenommen als Autos,
z. B. weil es sich dort grundsätzlich um ein „Gefahrenwerden“ und nicht um ein Selbstfah-
ren handelt, weil die entsprechenden Systeme zentral von Leitsystemen gesteuert werden
und weil Komplexität und Möglichkeit unvorhergesehener Ereignisse in vielen Situationen
beim Autofahren erheblich größer sein dürften als bei schienengebundenen Fahrzeugen.
Weiterhin ist beim Thema Akzeptanz auch daran zu denken, dass im traditionellen
Autoverkehr eine weit entwickelte Kultur der Schadensregulierung besteht, die durch Ver-
kehrsgerichtsbarkeit, Gutachterwesen und Versicherungen ein hohes Maß an Präzision und
Verlässlichkeit erreicht hat. Für autonomes Fahren hingegen stellen sich neue Herausfor-
derungen an die Schadensregulierung, weil die Frage „Wer verursachte den Schaden –
Mensch oder Maschine?“ nachvollziehbar und juristisch einwandfrei beantwortet werden
muss. Ob autonomes Fahren akzeptiert werden wird, wird sicher stark mit davon abhängen,
dass auf diese Herausforderungen Antworten entwickelt werden, die der Präzision heutiger
Schadensregulierung nicht nachstehen (s. Kap. 4 und Kap. 5).
30.5.3 Elemente des gesellschaftlichen Risikomanagements
Die vorgelegte Diagnose zu der Risikokonstellation zum autonomen Fahren in gesell-
schaftlicher Perspektive legt folgende MaĂźnahmen zum Risikomanagement nahe bzw.
erfordert sie:
‡ Zulassungskriterien für autonome Fahrzeuge sind von den zuständigen Behörden zu
entwickeln; bei Sicherheitsstandards sind hier auch zugrunde liegende ethische Fragen
(wie sicher ist sicher genug?) und politische Aspekte (z. B. Gerechtigkeitsfragen,
Datenschutz) zu berĂĽcksichtigen und gegebenenfalls in ordnungspolitische MaĂź-
nahmen zu ĂĽberfĂĽhren.
Autonomes Fahren
Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte
Gefördert durch die Daimler und Benz Stiftung