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Das Badewesen bis ins 16. Jahrhundert
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1.2 Der Betrieb im Schwitzbad
Ging ein mittelalterlicher Mensch ins Bad, dann machte er sich keine Gedanken über
das Wasser in seinen Symbolfunktionen, z. B. als magisches Zeichen der Erneuerung
und Wiedergeburt, in der Taufe als sakramentales Sinnbild der geistlichen Neugeburt,
er sann nicht über die Macht des Wassers nach, Leben und Kraft zu verleihen, es schien
ihm auch nicht als heilig.42 Solche Überlegungen lagen ihm normalerweise fern. Das
Bad war für ihn ein Ort der Hygiene, Entspannung, Regeneration des Körpers und, saß
er allein in einer Wanne oder Privatsauna, der Meditation. Wasser galt zudem weithin
als heilkräftig und gesundheitsfördernd,43 nicht nur solches in Mineral- und Kurbä-
dern. Man eilte nicht nur der Reinigung wegen ins Bad, sondern auch zum Vergnügen,
zur Kurzweil, zum Essen und Trinken, der Geselligkeit wegen. Jedes Bad war ein wich-
tiger Ort der Sozialkontakte. Man feierte im Bad Feste und Jubiläen, erwies fremden
Gästen oder Gesandten die Ehre eines kostenlosen Badbesuchs.44
Baden galt dem Mittelalter als eine der sieben Seligkeiten,45 wurde so sehr als ein
Grundbedürfnis angesehen, dass Handwerker und Gesellen normalerweise für den
Samstag oder nach Abschluss ihrer Arbeit ein Badgeld erhielten. Mancherorts räumte
man ihnen während der Arbeitszeit Stunden für den Badbesuch ein. Auch Knechten,
Mägden und Beamten hat man ein Badgeld verehrt.46 Ein typisches Zeichen christli-
cher Karitas waren die sogenannten Seelbäder, d. h. fromme, meist letztwillige Verfü-
gungen, um Armen ein kostenloses Bad zu ermöglichen. Als Gegenleistung mussten
sie für das Seelenheil des verstorbenen Stifters beten. Bisweilen gewährte auch der Rat
einer Stadt den Armen ein einfaches Bad.47
Die öffentlichen Badstuben auf dem Lande waren nur ein- bis zweimal in der Wo-
che geöffnet, in der Stadt wurde meist an drei Wochentagen gebadet, und zwar in der
Regel am Montag, Mittwoch und Samstag. Als der Badbesuch seit dem 16. Jahrhun-
dert nachließ, fiel zuerst der Montag, dann auch der Mittwoch als Badetag aus und es
blieb nur noch der Samstag übrig. An Sonn- und Feiertagen sowie am Freitag war fast
überall das Bad verboten.48
War das Feuer im Badeofen erloschen, waren die Rauchgase aus der Schwitzstube
abgezogen, wurde die Öffnung des Bades den Besuchern bekannt gegeben. Das konnte
ein Badejunge oder -knecht sein, der in Vers oder Prosa das Bad ausrief und dabei ein
Messingbecken, eine Eisen- oder Kupferpfanne schlug. In manchen Orten, besonders
in der Schweiz, signalisierte ein Horn- oder Trompetenstoß, dass die Badstube bezo-
gen werden konnte. Wieder anderswo wurde ein bestimmtes Zeichen, z. B. ein Bade-
quast, am Bad ausgehängt.49 Nun eilten die Gäste herbei.
Aber wie ? Wenn man Guarinoni glaubt : schamlos. Er hält dem Stadtrichter und
Bürgermeister vor :
Im städtischen Bad vor 500 Jahren
Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Im städtischen Bad vor 500 Jahren
- Subtitle
- Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
- Author
- Robert Büchner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79509-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 202
- Category
- Geographie, Land und Leute