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Die Gehilfen des Baders
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gewordenen Bademägde arm, wohnten in abgelegenen Winkeln oder im Armenviertel
der Stadt, zum Teil in einer Häusergruppe, die vermutlich als Bordell gedient hat.133
Nimmt man Rattenberg her, dann stellte man zumindest in Kleinstädten gesetzte Ma-
tronen als Reiberinnen an, Frauen oder Witwen armer oder verarmter Handwerker, die
sich zu einem solchen schlecht bezahlten Dienst gezwungen sahen (s. u.). Nicht besser
stand es um die Gewandhüterinnen (Badhüterinnen), die bei Verlust oder Diebstahl
der von ihnen beaufsichtigten Kleidung für den Schaden aufkommen mussten. Konn-
ten sie nicht zahlen, hielt man sich an dem Bader, sofern ihm eine Schuld nachgewie-
sen werden konnte, schadlos.134
Das Wunschbild, von einer jungen, reizenden, in durchsichtiges Gewand gekleide-
ten oder gar nackten Magd im Bad bedient zu werden, wie es die Bilder der Wenzels-
bibel (um 1400) den Männern vorgaukelten, hatte keinen realen Hintergrund, wenn
es sich nicht gerade um ein Badebordell handelte (s. u.). Bader, Knechte und Mägde
waren bekleidet, die Männer mit einer Badehose, zumindest mit einem Vortüchel, seit
dem 17. Jahrhundert häufiger mit einem Schurz. Die Mädchen und Frauen bedienten
im Bad in einem leichten, ärmellosen Hemd, das die Brust bedeckte. Lediglich in Frau-
enstuben kam es vor, dass eine Badmaid mit entblößten Brüsten ihren Dienst versah.135
Da es der Moral abträglich war, untersagten Obrigkeiten den Knechten das Arbei-
ten in Frauenbädern. In Eberbach wurde 1610 der Bader ernstlich aufgefordert, den
Knecht in der Weiberstube abzuschaffen, »anderst vor der thür sein lohn sein solle«.136
Anderswo war man nicht ganz so streng. In Straßburg ließ man schon einmal einen
Bade knecht im Frauenbad zu, doch musste er »hinden und fornen« mit einem »breit-
tem mider bedeckt« sein, also ein breites Tuch um die Hüfte geschlungen haben.137
Wenn Guarinoni grollt :
»Ich rede hier nichts von der Badmeister unnd der Gesellen Unzucht und Ungeschämigkeit,
so vor den Weibern unnd Jungkfrawen nackend da stehen, sich recken unnd strecken, unnd
ob sie schon mit der Niderwad bedeckt, dieselb (damit ich Teutsch rede) öffters zu sonderm
Fleiß also richten, als hetten sie keine vor ihnen oder als wer es ihnen ohn gefahr entfallen etc.
Wann man erst von den uppigen und unlautern worten hie handlen wolt, so in den Bädern
fürüber gehen, hette man vil zuschaffen«,138
hat er maßlos übertrieben. Selbst wenn die Knechte die Frauenstube aufgesucht haben,
um Wasser zu bringen, werden sie schon ihre Badehose getragen haben. Dass sie und
ihre Meister in diesem »Kostüm« barfuß und »barschenkelig«, nicht »gehost«, wie es
heißt, über die Straße gingen, war allerdings eine Unsitte, die man ihnen lange Zeit
nicht austreiben konnte.139
Im städtischen Bad vor 500 Jahren
Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Im städtischen Bad vor 500 Jahren
- Subtitle
- Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
- Author
- Robert Büchner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79509-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 202
- Category
- Geographie, Land und Leute