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Neues Baden, neue Bäder
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Abb. 38 : Schmausen im Wildbad ;
kolorierter Titelholzschnitt zum
»Tractat der Wildbäder« von
Lorenz Fries, 1519.
entfernen, nicht waschen, denn Wasser mache die Haut im Winter gegen Kälte und im
Sommer gegen Sonnenlicht empfindlicher. Das Gesicht mit Wasser zu waschen schade
den Augen, verursache Zahnschmerzen und bewirke einen bleichen Teint. Besser als
Wasser sei Mandelkleie für die Gesichtsreinigung. Auch sonst sei der Körper abzuwi-
schen und abzureiben, nicht zu waschen. Wasser war nur noch für die Mundhygiene
vorgesehen. Üble Körpergerüche wurden durch Parfümieren und Duftsäckchen unter
den Achseln oder in den Kleidern überdeckt. Die »trockene« Toilette der Höflinge
entsprach dem Sauberkeitsempfinden der Zeit, das nicht Hygieniker, sondern Verfasser
von Anstandsschriften bestimmten.219
Ergänzt wurde das Abreiben durch häufigen Wechsel der Leibwäsche. Das bildete
das Kriterium für Sauberkeit schlechthin. Weiße Unterwäsche aus Leinen absorbiert
den Schweiß, beseitigt den Schmutz und reinigt so die Haut, hieß es. Die Leibwäsche
zu wechseln bedeutete so viel, als ob man sich gewaschen oder gebadet hätte, ja war
besser, weil man die schädlichen Wirkungen des Wassers vermied. Um die Mitte des
17. Jahrhunderts wechselten Adlige täglich ihr Hemd, die betuchten Bürger alle drei
bis sieben Tage. Französische Höflinge hatten durchschnittlich 30 Hemden.220
2.3 Neues Baden, neue Bäder
Während vielerorts das Baden in Schwitzstuben zurückging oder gänzlich aufhörte,
es sei denn, Ärzte verordneten zu Heilzwecken Dampfbäder, gelangte das Baden im
Im städtischen Bad vor 500 Jahren
Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Im städtischen Bad vor 500 Jahren
- Subtitle
- Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
- Author
- Robert Büchner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79509-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 202
- Category
- Geographie, Land und Leute