Page - 75 - in Im städtischen Bad vor 500 Jahren - Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
Image of the Page - 75 -
Text of the Page - 75 -
Die beiden Badestuben
75
wurde 1523 ein Kessel vertäfelt, 1551 beim Kessel ein »täfer« gemacht.303 Noch ein-
deutiger ist der Rechnungseintrag zum Jahr 1476, wonach drei Zimmerleute im Bad
ein »geschäl« in der Stube angefertigt haben.304 Dass nicht mehrere Vermerke im Hin-
blick auf die Holzvertäfelung in den Rechnungen aufscheinen, liegt daran, dass sie
oft nur allgemein gehalten sind, dass es lapidar heißt, man habe Zimmerleute bezahlt,
habe Laden (Dielen), Bretter und Bretternägel fürs Bad gekauft, ob für Boden, Bänke,
Regale oder Täfelung, wird nicht gesagt.
3.2.5 Fenster
Noch heute zeigt das östliche Erdgeschoss des Badhauses drei alte mit schrägen Lai-
bungen in die Wände geschnittene Fenster. Sie befinden sich an der Stelle, wo einst die
Männerstube lag, und dienten offensichtlich zur Entlüftung. Das südlichste Fenster
war anscheinend für den Bader und sein Personal die Lichtquelle, wenn sie hinten
in der Stube ihre Kunden bedienten (Kopfwäsche, Aderlass, Schröpfen, Wundarznei
usw.). Die Außenwand der Frauenstube im Westen wird jetzt von drei großen Gar-
agentoren gebildet, doch ist anzunehmen, dass auch sie drei Fenster zum Entlüften und
für das Tageslicht hatte.305
Wenn es schon 1476 heißt, in die hintere Badstube (Frauenstube) Rattenbergs seien
Gläser eingesetzt worden,306 dann war das für ein Bad der damaligen Zeit keine Selbst-
verständlichkeit. Im 15. Jahrhundert galt Fensterglas noch als zu wertvoll, als dass man
es überall in Badhäusern verwendet hätte.307 Rahmen mit dünn geschabten Häuten,
gewachstem Leinen, ölgetränktem Papier taten es auch308. Konnte man in der zwei-
ten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Städten wie Wien, Frankfurt am Main, Nürnberg,
Göttingen, Hannover nicht nur öffentliche Gebäude, sondern die meisten oder viele
Bürgerhäuser schon mit Glasfenstern bewundern, so kamen sie erst im 16. Jahrhun-
dert allgemein in Gebrauch. Bürgerhäuser mit Fenstern aus Butzenglasscheiben oder
Mondglas in Rautenform waren nun keine Seltenheit mehr, aber noch in der Mitte des
16. Jahrhunderts etwas Besonderes.309
In einer kleinen Stadt wie Rattenberg reichte das Glaserhandwerk allein nicht zum
Auskommen. Deshalb hatten die ein bis zwei jeweiligen Glaser der Stadt noch ei-
nen zweiten Beruf, z. B. Maler oder Spengler.310 Die Glaser stellten vielfach selbst die
Holzrahmen her, falls diese nicht von Tischlern gemacht wurden.311 Die Baumeister-
rechnungen Rattenbergs lassen erkennen, dass ständig viel Glas zu Bruch ging und
die Rahmen, die unter der Feuchtigkeit litten, immer wieder repariert oder erneuert
werden mussten.312
Bevor 1534 in Hall die erste Tiroler Glashütte, die auch farblose Glasscheiben nach
venezianischer Art herstellte, errichtet wurde, musste das Fensterglas importiert werden.
Es war grünes Waldglas,313 das man von deutschen Waldglashütten der Mittelgebirge
Im städtischen Bad vor 500 Jahren
Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Im städtischen Bad vor 500 Jahren
- Subtitle
- Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
- Author
- Robert Büchner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79509-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 202
- Category
- Geographie, Land und Leute