Page - 76 - in Im städtischen Bad vor 500 Jahren - Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
Image of the Page - 76 -
Text of the Page - 76 -
»Gemainer Stat Pad« zu Rattenberg
76
oder aus dem Bayerischen Wald bezog.314 Mondglas wie Butzenscheiben, mit Stroh in
Körbe verpackt, verkauften wandernde Glasträger an Glaser oder Glashändler.315 Ver-
mutlich war das Rattenberger Bad mit Flachglas, zum Teil mit Butzenscheiben verglast.
Darauf deutet ein Eintrag zum Jahr 1539 hin, wonach in beiden Badstuben Scheiben
eingesetzt, Gläser gebessert und »in der kuchen 2 waldt glaß« eingesetzt wurden.316
Auf Waldglas aus Schwaben oder auf die Verglasung nach schwäbischer Art deutet ein
anderer Vermerk hin, wonach 1564 der Tischler Sigmund Moser zwei neue »schwäbi-
sche fenster« und Rahmen für die Badstube lieferte.317
3.2.6 Wasserversorgung
Stops meint, da beim Wasserholen aus dem Inn immer wieder Todesopfer zu beklagen
gewesen seien, habe man aus einer Zisterne das nötige Wasser fürs Bad geschöpft.318
Ihn hat vermutlich das Vorhandensein eines eigenen Badtürls319 in der Stadtmauer zu
dieser Ansicht verleitet. Doch hatte das Türl, das vermutlich älter als das Bad war, eine
ganz andere Aufgabe, wie die Ansicht Rattenbergs im Schwazer Bergbuch von 1556
zeigt. Durch das Badtürl gelangte man nämlich zu den Heftstecken (Pfählen) vor der
Arche (Uferschutzbau) am Inn, wo die Schiffe festmachten. Und dass der Bader und
seine Knechte gleich reihenweise in den Inn gestürzt und ertrunken sind, kann man
auch nicht sagen. In über hundert Jahren bis 1580 findet sich lediglich eine Nachricht
dazu, nämlich über den Bader Matheus Paumgartner, der 1549 im Inn ertrunken ist,
sicher nicht beim Wasserholen (s. u.).
Mit dem Schöpfbrunnen hat Stops allerdings nicht Unrecht, nur hätte er stattdessen
Ziehbrunnen sagen müssen. Erst in einer Rechnung aus dem Jahr 1513 stößt man auf
ihn, als die Stadt dem Bader Gabriel Freytag zwei Mark (= 4 Gulden) »von des zieh-
prunnen wegn zu pesserung« zahlte.320 Der Brunnen stand etwas entfernt vom Bad321,
und zwar vor dem Haus Martin Härrers (Nr. 41), wie man zu 1548 erfährt, als man den
»ziechprun« wie früher machte. Weil das »prunkhar« (Brunnenbecken, -trog) vor dem
Härrer, heißt es, »gar faul und zunicht ist«, solle ein neues Becken und dabei ein Fisch-
kalter gemacht werden. Über das Kar solle ein Dächl gesetzt, an die Brunnensäule zwei
Eimer und ein »gätzl« (Schöpfkelle) gehängt werden, damit nicht immer so viel Was-
ser verloren gehe.322 Sechs Jahre später, 1554, konnte der Ziehbrunnen nicht benutzt
werden, weil Eimer und Kette fehlten. Deshalb forderte der Rat den Baumeister auf,
den »ziechprunn« zu machen und für Kette und Kübel zu sorgen. Die Brunnenkette
sei von Martin Härrer,323 der nun in seinem Haus in Kramsach lebte, binnen drei oder
vier Tagen zurückzuholen.324 Später, z. B. 1568, wird wieder der Brunnen beim Härrer
erwähnt.325
Zu dieser Zeit hatte aber der Ziehbrunnen fürs Bad nur noch eine untergeordnete
Bedeutung. Es verfügte schon längst über zwei Laufbrunnen. Der erste dürfte in den
Im städtischen Bad vor 500 Jahren
Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Im städtischen Bad vor 500 Jahren
- Subtitle
- Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
- Author
- Robert Büchner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79509-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 202
- Category
- Geographie, Land und Leute