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Heinrich Öttinger
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odien, Silbergeschirr, Haus und Garten. Schmied hat offensichtlich nie als Bader in
Rattenberg gearbeitet und zog es vor, nach dem Tod seiner Frau in kaiserliche (Kriegs-)
Dienste zu treten.390
Es sind gewiss nur gravierende Dinge aktenkundig geworden, der tägliche Ärger des
Stadtbaders mit den auswärtigen Störern wurde nur selten vermerkt, zumal dann nicht,
wenn die Dorfbader »hausieren« gingen, also ihre Dienste als Bader, Haarschneider,
Barbier, Aderlasser oder gar Wundarzt von Haus zu Haus anboten. Hätte der Stadt-
bader nicht neben den Schwitz- und Wannenbädern noch andere Einkünfte gehabt,
er wäre angesichts der dörflichen Konkurrenz schwerlich über die Runden gekommen.
4.2 Heinrich Öttinger
Über seine erste Amtszeit im städtischen Bad von Rattenberg liegen nur dürftige
Zeugnisse vor,391 doch das Raitbuch des Klosters kann etwas aushelfen. Die Mönche
zahlten am Lichtmesstag 1509 dem Badermeister Heinrich 15 Pfund Berner als Lohn
für das vergangene Jahr.392 Da oben erwähnt wurde, dass 1508 Katherina, die Witwe
des verstorbenen Baders Michael Hueber, vom Kloster dieselbe Summe als Jahreslohn
für 1507 erhalten hat, ist anzunehmen, dass Öttinger nach seiner Heirat mit Katherina
(Februar 1508) von ihr nicht nur das städtische Bad samt allen Geräten, sondern auch
den Dienst an den Mönchen übernommen hat. Im Juli 1509 schlossen die Patres und
Fratres mit ihm darüber einen Vertrag.
Meister Heinrich solle jede Woche den ganzen Konvent an einem solchen Tag baden
und scheren, an dem er nicht in der Stadt das Bad halte. Die gedingten Dienstboten
(»ehalten«) und die Pfründner im Kloster solle er am Feierabend in seinem Bad baden,
wenn ein gewöhnlicher Badtag sei. Dafür erhalte er vom Konvent als Lohn 5 Gulden
(=
25 Pfund Berner), zwei Star Korn, einen Star Weizen, einen Star Gerste. Das Ansetzen
der Schröpfköpfe und Aderlassen (»köpfflen und lassen«) solle ihm vorbehalten sein.393
Dass auch sein Können als Wundarzt gefragt war, zeigt folgende Episode über zwei
Rattenberger Augustinermönche, die offenkundig keine friedlichen Lämmer waren.
Abends gegen die neunte Stunde am Cäcilientag (22. November) 1509 verließen die
beiden Fratres Andreas Schneider und Richard Kripp die klösterliche Klausur und
stießen draußen auf den Weltpriester Johannes Gebhart aus Weilheim. Ob sie nun
keine Bayern mochten, ob ein längerer Streit zwischen ihnen schwelte oder was sonst
der Grund war, man erfährt es nicht. Jedenfalls gingen die beiden Brüder auf Gebhart
los, stießen, schlugen und verwundeten ihn so schwer, dass er länger vom Wundarzt
behandelt werden musste (»stare sub cirurgici manu«). Für 17 Tage Aufenthalt, Scha-
denersatz an Gebhart und Arzkosten musste der Konvent über 13 Mark aufwenden,
davon 2 Mark an den »Cirurgicus« und Bader, Meister Heinrich.394
Im städtischen Bad vor 500 Jahren
Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Im städtischen Bad vor 500 Jahren
- Subtitle
- Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
- Author
- Robert Büchner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79509-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 202
- Category
- Geographie, Land und Leute