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Heinrich Öttinger
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eine Bürgerstochter399 geheiratet und früher schon zur vollsten Zufriedenheit das Bad
versehen hat. Meister Heinrich wurde das Bad zur kommenden Fastenzeit zugesagt,
doch machte man ihm zur Pflicht, dass er »sich mit guetn geselln versechen, oben und
undten400 mit huet und pflicht den armen und reichen wol warten« solle.401 Gabriel
wurde erst am Dreikönigstag 1514 zur Fastenquatember gekündigt und gleichzeitig
dem Heinrich Öttinger aufgetragen, er solle von Freytag Zuber und Badgeschirr kau-
fen, wie es seinerzeit Gabriel von ihm erworben habe.402
Auch über Heinrichs zweite, bis 1523 währende Amtszeit als Stadtbader ist außer-
halb der klösterlichen Überlieferung wenig bekannt. Er erhielt den üblichen Jahressold
von 16 Gulden403 und erwarb 1521 gegen eine mäßige Aufnahmegebühr von zwei
Gulden das Bürgerrecht.404 Als Heinrich Öttinger wird er in der Folge unter den Bür-
gern Rattenbergs erwähnt.405 Interessant ist lediglich der Hinweis auf eine Seuche, die
von Mitte Oktober 1521 bis Ende Januar 1522 herrschte.406 Eine Diwoldin pflegte
15 Wochen die Kranken und trug ihnen Speise zu, ein Bader namens Jacob ging zehn
Wochen in den »sterbenden Läufen« zu den Kranken und ließ sie zur Ader.407 Da nor-
malerweise in Rattenberg während einer Seuche das Bad nicht geschlossen wurde, man
aber den Stadtbader vor Ansteckung bewahren wollte, bestellte der Rat in der Regel
einen eigenen »Totenlässl«. So auch in diesem Fall.
Heinrich Öttinger nahm nach seiner Rückkehr wieder den Dienst als Klosterbader,
sowohl für die Patres und Fratres als auch für das ganze Hausvolk (»familia«), auf und
erhielt den alten Jahreslohn von fünf Gulden zuzüglich zwei Star Gerste, stattdessen
einmal auch zwei Star Hafer. Der Lohn konnte mit Holz, das er vom Kloster bezog,
verrechnet werden.408 Sonderleistungen wurden von beiden Seiten extra vergütet, wenn
etwa der Bader Weizen und Holz vom Kloster kaufte, den Klosterknecht für sich fah-
ren ließ409 oder wenn das Kloster außerhalb des Vertrages die Dienste des Baders bean-
spruchte.410 Das Verhältnis Öttingers zu den Augustinermönchen war augenscheinlich
gut. 1521 war er mit seiner Ehefrau im Kloster zu Gast,411 im selben Jahr ließ sich der
Rechnungsführer von Dr. Stefan Kastenbauer (Agricola), dem Prior und dem Bader
sechs Kreuzer für einen gesottenen Hecht zahlen, den offensichtlich die drei im Kloster
verspeist hatten.412
Während Heinrich Öttinger noch im Mai 1523 als lebend erwähnt wird,413 war er
am 9. Juli bereits tot. An diesem Tag erhielt die Heinrich Baderin auf ihr und ihres
Sohnes Michel Begehren hin einen Anweiser und für ihre Kinder Anna, Apollonia und
Margreth zwei Vormunde. Angesichts der »clainen und unerczogen kind« wurden ihr
und ihrem Sohn Michel erlaubt, mit den Knechten das Bad noch bis Weihnachten zu
versehen.414 Der Jahreslohn von 16 Gulden wurden ihr 1524 und 1525 in fünf Raten
ausgezahlt.415 Die Stadt zahlte ihr für eine Holzhütte bei dem Bad und für acht Schaffe,
die bei einem Feuer in einem Stadl verbrannt waren, 30 Kreuzer.416 Mehr ist über sie
nicht aktenkundig geworden.
Im städtischen Bad vor 500 Jahren
Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Im städtischen Bad vor 500 Jahren
- Subtitle
- Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
- Author
- Robert Büchner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79509-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 202
- Category
- Geographie, Land und Leute