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Bader, Badknechte, Reiberinnen und Gewandhüterinnen zu Rattenberg
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ihre Dienste in Anspruch nahmen, erhielten sie ein paar Vierer. Wenn dann ein
Bader von ihnen die Reinigung der Badstuben verlangte, was nicht ihre Aufgabe
war, warum hätten sie das kostenlos tun sollen ? Denn darum ging es augenschein-
lich bei allem Streit zwischen ihnen und den Meistern. Dass sie sich durchaus zum
Putzen bereitfanden, wenn es bezahlt wurde, zeigte sich 1544, als ihnen die Stadt
das Waschen des Bodens in der Trinkstube mit 30 Kreuzern vergütete.566 Aber um-
sonst ? Dann lieber noch als Wäscherin, Näherin, Spinnerin, Strickerin, Flickerin,
Tagwerkerin tätig sein, das trug wenigstens einige Kreuzer ein. Das Problem der
Badreinigung wurde offenbar dann akut, wenn der Bader keine Lehrjungen hatte,
denen man Besen und Scheuerlappen in die Hand drücken konnte, und wenn sich
die bezahlten Badeknechte – nicht selten nur faule, untaugliche Hilfskräfte – als
Putzkräfte verweigerten.
Ähnlich lagen die Dinge für die Gewandhüterinnen, die wie die Reiberinnen beson-
ders um jene weiblichen Gäste bemüht waren, die etwas springen ließen. 1559 wurde
der Gewandhüterin und der Reiberin im Bad vorgehalten, sie seien nicht fleißig, küm-
merten sich nicht um die Armen, sondern nur um jene Frauen, die ihnen Wein spen-
dierten.567
Die Reiberinnen in Rattenberg waren keine jungen Mädchen, sondern Frauen ge-
setzten Alters. So schrieb 1554 der Rat dem Bader Hans Fäler d. Ä. vor, er solle sich
mit einer »guetn häuslichn matron« als Reiberin versehen.568 Sie kamen wie die Ge-
wandhüterinnen aus Familien kleiner, nicht selten armer Handwerker, Krämer und
städtischer Beamter. Die meisten von ihnen waren Witwen, denen der Rat mit dem
bescheidenen Amt ein Nebeneinkommen verschaffen wollte. Das wird besonders deut-
lich im Jahr 1549, als die Stelle einer Gewandhüterin im Bad vakant geworden war.
Es bewarben sich gleich sechs Frauen, nämlich »Sigmund Wachterin, Stindl Steyre-
rin, Benedictin, Gilg Peckhin, Sturm Kürschnerin und Melchiors Hausfrau«. Nach 14
Tagen Bedenkzeit entschieden sich Rat und Gemeinde auf Probe für die Sigmund
Wachterin. Sie sollte einen Bürgen stellen.569
Nach zahlreichen Dokumenten im Rattenberger Stadtarchiv570 hatten die Ehemän-
ner der sechs Bewerberinnen folgende Berufe. Barbaras kürzlich verstorbener Ehe-
mann Sigmund Waldhueber hatte als Wächter und Torhüter in der Stadt gearbeitet,
daneben noch als Tagwerker, Stindl571 Steyrerin war vermutlich die Witwe Margreth
des 1546 verstorbenen Krämers Augustin Schander, der auch das Amt eines Bergge-
richtsgeschworenen versehen hatte und wegen seines Beinamens wohl aus der Steier-
mark stammte. Mit der Benedictin ist die Frau des 1546 verstorbenen Futter- und
Kornhändlers Benedict Oswald gemeint,572 der seit 1544 Wächter, Unterkäufel573 und
Bettelrichter der Stadt gewesen war, während seine Frau zur selben Zeit das Amt einer
Badreiberin ausgeübt hatte. Die Benedictin war so arm, dass ihr die Stadt 1547 Le-
bensmittel, ihrem »Püebl« 1551 einen Rock schenkte.
Im städtischen Bad vor 500 Jahren
Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Im städtischen Bad vor 500 Jahren
- Subtitle
- Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
- Author
- Robert Büchner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79509-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 202
- Category
- Geographie, Land und Leute