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21Zur
Forschungslage
Von ganz entscheidender Bedeutung für den weiteren Forschungsfortschritt wa-
ren die zahlreichen bauarchäologischen Entdeckungen mittelalterlicher Anlagen in
Österreich , auf deren Grundlage eine ganze Reihe von Neubewertungen und Neu-
datierungen möglich wurde. Schon 1953 hatte man in Klosterneuburg mit großem
archäologischem Einsatz die Grundmauern der Capella Speciosa freigelegt. Der
1962 publizierte Grabungsbericht57 fand zunächst allerdings kaum Beachtung. In
zwei großen Grabungskampagnen wurden in den Jahren 1956–1958 und 1966 / 1967
bedeutende Überreste des Salzburger Doms in seinen verschiedenen Bauzustän-
den vom 8. bis zum 13. Jahrhundert freigelegt und zum Teil auch konserviert58.
Zur Vorbereitung der Zwölfhundertjahrfeier des Benediktinerstifts Kremsmünster
wurden ab 1970 an der Klosterkirche im Zuge von Restaurierungen bauarchäolo-
gische Untersuchungen durchgeführt. Diese führten nicht nur zur überraschen-
den Freilegung von zehn vermauert gewesenen Fenstergewänden an der mittleren
Chor apsis59 , sondern ergaben durch zahlreiche Sondagen in weiterer Folge die Ge-
wissheit , dass die gesamte mittelalterliche Struktur der Gewölbe und Gewölbeträ-
ger unter der barocken Stuckverkleidung bis heute erhalten ist60. Damit war für die
Architekturforschung einer der wichtigsten mittelalterlichen Großkirchenbauten
Österreichs wiedergewonnen. Vor allem die Teilnahme an den Bauuntersuchungen
des Bundesdenkmalamtes in Kremsmünster und die reichhaltigen Ergebnisse die-
ser Forschungen boten Mario Schwarz Anlass zu einer ausführlichen zusammen-
fassenden Untersuchung über die Klosterbaukunst in Österreich unter den letzten
Babenbergern im Rahmen seiner Dissertation am Institut für Kunstgeschichte der
Universität Wien bei Renate Wagner-Rieger , die 1975 abgeschlossen wurde61.
Die Ergebnisse dieser Arbeit vermittelten ein deutlich anderes Bild von der
Architektur des 13. Jahrhunderts in Österreich , als es Richard Kurt Donin ent-
worfen hatte. Unter Herzog Leopold VI. hatte eine Phase des Imports französi-
scher Gotik aus Nordfrankreich und Burgund begonnen. Die Bautätigkeit an der
herzoglichen Pfalz in Klosterneuburg ( Capella Speciosa ) und an den Zisterzien-
serstiften Zwettl und Lilienfeld ( Kreuzganganlagen ) verlief durchaus synchron
mit der Entwicklung in Frankreich selbst. Darüber hinaus gab es auch ein Expe-
rimentieren mit neuen Raumentwürfen , die wiederholt modifiziert wurden. Die
Bauhütten waren nicht ausschließlich ordensgebunden , sondern für Austausch
und Zustrom von Künstlern offen. Alsbald bildete sich ein selektiver Übergangs-
stil , der die Rezeptionen französischer Vorbilder mit bodenständigen , traditio-
nellen Elementen integrierte ( Klosterkirche Lilienfeld ). Österreichs Baukunst
hat keineswegs unter der Regierung Herzog Friedrichs II. ( 1230–1246 ) einen
Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Title
- Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Author
- Mario Schwarz
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78866-9
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 498
- Keywords
- Medieval architecture, Austrian art, Medieval art, Austrian architecture, Architectural history, 13th century architecture
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Kunst und Kultur