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Zur
Forschungslage22
Stillstand erfahren , wie Donin meinte und was durch unzweifelhafte Baunach-
richten aus Heiligenkreuz widerlegt wird. Aus der Situation des Machtkampfes
zwischen dem Herzog und dem Kaiser kam es sogar in rascher Folge zum Ent-
stehen spektakulärer Bauten von besonders dekorativem , prächtigem Charakter ,
wie den normannischen Prunkportalen. Die wesentlichen Bauten der beiden letz-
ten Babenbergerfürsten sind keineswegs durch Brände zugrunde gegangen , wie
Donin angenommen hatte , vielmehr konnte durch Freilegungen deren Substanz
noch an den bestehenden Anlagen bewiesen werden ( z. B. Klosterkirchen St. Pöl-
ten , Kleinmariazell ). Tatsächlich findet sich nirgends bestätigt , dass Ottokar II.
Přemysl eine verspätete Blütezeit spätromanischer Stilformen eingeleitet habe.
Die These von einer gegenüber Deutschland zeitlich wesentlich verspäteten Ent-
wicklung und vom Beharren auf einer konservativen romanischen Baukunst in
Österreich bis zum Ende des 13. Jahrhunderts lässt sich nach diesen Ergebnissen
tatsächlich nicht mehr länger aufrechterhalten.
Von größter Relevanz war im 13. Jahrhundert das Engagement des Landes-
fürsten an den Bauführungen. In den vom Herzog nicht begünstigten Stiften
der Babenbergerzeit erhielten sich noch am längsten traditionsgebundene Bau-
formen , die aus einer kunstlandschaftlich verwurzelten Basissubstanz schöpften
( Wilhering , z. T. Baumgartenberg ). Im Vergleich zu den rasch durchgeführten
landesfürstlichen Bauvorhaben verliefen die Baufortschritte in diesem Bereich
nur schleppend. Es ist anzunehmen , dass das vorhandene Potenzial fähiger , fort-
schrittlicher Baukünstler und Werkleute durch die zahlreichen Bauvorhaben des
Herzogs zur Gänze in Anspruch genommen war und dass für sonstige Aufgaben ,
wie etwa für Kirchenbauten im Auftrag von Ministerialen und Kleinadeligen ,
nur mehr die weniger gesuchten , älteren Bauleute mit geringerer Kapazität und
veraltetem Formenrepertoire zur Verfügung standen ( Bad Deutsch Altenburg ,
Wildungsmauer , Petronell , Himberg ). Durch die anhand gesicherter Datierun-
gen nachgewiesene Gleichzeitigkeit verschieden avancierter Stilformen konnte an
die Stelle des Datierungsgerüstes linearer Reihungen ( Donin , Hamann ) ein in
verschiedene parallele Entwicklungsstränge aufgefächertes System gesetzt wer-
den , womit sich die Zwangsläufigkeit der Spätdatierungen ebenso aufgelöst hat
wie eine Fülle von Widersprüchen , die bis dahin unaufgeklärt waren. Eine von
mehreren Erklärungen für qualitativ unterschiedliche , zeitlich parallele Stilent-
wicklungen innerhalb des gleichen geografischen Gebiets ( innerhalb der gleichen
Kunstlandschaft ) bot sich im soziologischen Ansatz , der sich mit der Auftragge-
berschaft der Bauten verband.
Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Title
- Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Author
- Mario Schwarz
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78866-9
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 498
- Keywords
- Medieval architecture, Austrian art, Medieval art, Austrian architecture, Architectural history, 13th century architecture
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Kunst und Kultur