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Die Bautätigkeit unter den Markgrafen und Herzogen von Österreich 29
aus dem österreichischen Donauraum betrieb das Bistum Passau einen systema-
tischen Wiederaufbau des Kirchennetzes und der seelsorglichen Organisation101.
Nach aktueller Meinung der Historiker kann man in dieser Zeit noch von keinem
Pfarrnetz sprechen , sondern von entsprechenden kirchlichen Seelsorgebereichen ,
dem sogenannten Niederkirchenwesen102.
Die Mark der Babenberger lag zur Gänze im Diözesanbereich des Bistums
Passau. Der Bischofssitz in der Stadt Passau – und das war die Besonderheit der
diözesanen Verhältnisse im Kontrast zu den politischen Machtbereichen – lag
außerhalb des Markgraftums Österreich auf bayrischem Gebiet. Dadurch war
der Bischofssitz einem direkten Zugriff vonseiten der Babenberger entzogen. Das
Bistum Passau führte seine eigene Tradition – vor allem seit der Zeit des zwi-
schen 971 und 991 amtierenden Bischofs Pilgrim – auf die frühchristliche Ver-
gangenheit zurück , indem es den Anspruch erhob , der unmittelbare Nachfolger
des Erzbischofssitzes von Lauriacum ( Lorch ) an der Enns zu sein. Dessen letzter
Erzbischof Vivilo habe wegen der Awarengefahr seinen Diözesansitz nach Pas-
sau verlegt. Unter diesem Hinweis beanspruchte Passau nun selbst immer wieder
seine Anerkennung als Metropolitansitz. Aus dieser Konstellation ergab sich ein
jahrhundertelang stetig aufflackernder Machtkampf um eine Vorherrschaft , ei-
nerseits in der Kirchenhierarchie mit Salzburg , andererseits mit den Babenber-
gern , um politischen Einfluss im Donauraum.
War das Bistum Passau hauptsächlich entlang des damals wichtigsten Ver-
kehrsweges , der Donau , gut erschlossen , so organisierte das Erzbistum Salzburg
sein ebenso großes Diözesangebiet in den Alpenländern auf andere Weise. Salz-
burg etablierte in seinen entlegeneren Gebieten sogenannte Chorbischöfe , etwa in
Maria Saal in Kärnten , die als lokale Stellvertreter des Erzbischofs fungierten.
Später wurde eine Reihe untergeordneter Eigenbistümer oder Suffraganbistümer
in den entfernteren Teilen der Diözese errichtet : 1072 wurde das Bistum Gurk
gebildet , das dem Erzbischof von Salzburg unterstand , aber einen eigenen klei-
nen Diözesanbereich erhielt , 1228 wurde das Bistum Lavant , ebenfalls in Kärn-
ten , begründet , 1218 entstand das Bistum Seckau in der Steiermark. Kärnten
südlich der Drau unterstand dem Patriarchat von Aquileia , Tirol gliederte sich
in die Diözesen Brixen und Trient , Vorarlberg gehörte größtenteils der Diözese
Chur an , in kleinen Teilen dem Bistum Konstanz.
In den österreichischen Donauländern hatte sich nach der Niederwerfung der
Magyaren seit 955 das Bistum Passau als dominierender Faktor eines kulturellen
Wiederaufbaus dieses Gebietes erwiesen. Das Bistum baute ein Netz von großräu-
Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Title
- Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Author
- Mario Schwarz
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78866-9
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 498
- Keywords
- Medieval architecture, Austrian art, Medieval art, Austrian architecture, Architectural history, 13th century architecture
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Kunst und Kultur