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Die Bautätigkeit unter den Markgrafen und Herzogen von Österreich 45
such zur Errichtung eines unabhängigen Landesbistums ( Klosterneuburg ) und
die Berufung der auf hierarchische Unabhängigkeit bedachten Zisterzienser und
Schottenmönche waren Maßnahmen in diese Richtung. Die hohe Dotierung der
landesfürstlichen Stiftungen und die aufwendige architektonische Umsetzung der
diesbezüglichen Bauprojekte bezeichnen den Stellenwert dieser Initiativen der Ba-
benberger. Der zweite wichtige politische Beweggrund , sich monumentaler Archi-
tektur als Ausdrucks- und Identifikationsmittel der Auftraggeber zu bedienen , war
die Unterstreichung herrschaftlicher Legitimation. Leopold III. war in zweiter Ehe
mit Agnes , der Tochter Kaiser Heinrichs IV. aus dem Hause der Salier , verheiratet.
Agnes war die Schwester des damals bereits zum deutschen König gewählten nach-
maligen Kaisers Heinrich V. ; sie war trotz junger-Jahre bereits verwitwet , ihr erster
Gemahl war Friedrich von Hohenstaufen , Herzog von Schwaben , gewesen , dem
sie einen Sohn , den späteren König Konrad III. , geboren hatte. Der Babenberger
Leopold III. von Österreich war durch diese Heirat in engste verwandtschaftliche
Beziehungen mit dem deutschen Königshaus – sowohl der Salier als auch der spä-
ter herrschenden Staufer – gekommen. So ist zu erklären , dass man wohl zu Recht
am Bau der Stiftskirche von Klosterneuburg Züge der imperialen Baukunst der
Kaiserdome zu erkennen meint. Noch gesteigert wurde die politische Bedeutung
Österreichs als Herzogtum unter Heinrich II. Jasomirgott , der 1142 eine politisch
ebenso folgenreiche Ehe mit einer Kaisertochter schloss wie vordem sein Vater
Leo pold III. Es zeigen sich sowohl in Heiligenkreuz als auch am Bau der Wiener
Schottenkirche Aspekte , die als anspruchsvolle Zitate kaiserlicher Baukunst gel-
ten können. Die hochrangigen verwandtschaftlichen Beziehungen und die soziale
Stellung der Landesfürsten von Österreich verschafften ihnen gewiss die Möglich-
keit , leistungsfähige Bauspezialisten für ihre Projekte zu engagieren , die sowohl
über die fortschrittlichsten Gestaltungsformen dieser Zeit ( Bandrippengewölbe )
als auch über hervorragende Fähigkeiten in der Detailausführung ( Kapitelle in
Klosterneuburg und Zwettl ) verfügten. Stilvergleiche weisen bezüglich der Her-
kunft dieser Spezialisten einerseits auf die Baukunst der deutschen Kaiserdome
im Rheinland ( Speyer ) , andererseits auf Oberitalien ( Modena , Mailand , Nova-
ra ). Zuletzt darf nicht übersehen werden , dass die Verkehrsader der Donau und
die Lage Wiens am Kreuzungspunkt wichtiger Straßenverbindungen von Westen
nach Osten und von Norden nach Süden im Zeitalter der Kreuzzüge , an denen
im 12. Jahrhundert nicht weniger als drei Babenbergerherzoge ( Heinrich II. , Leo-
pold V. und Friedrich I. ) teilnahmen , eine großräumige Öffnung des Landes für
auswärtige Einflüsse und geografisch weit gespannte neue Beziehungen bewirkten.
Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Title
- Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Author
- Mario Schwarz
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78866-9
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 498
- Keywords
- Medieval architecture, Austrian art, Medieval art, Austrian architecture, Architectural history, 13th century architecture
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Kunst und Kultur