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Die Voraussetzungen im 12.
Jahrhundert64
Millstatt
Auch im Benediktinerkloster Millstatt in Kärnten kam es in der 2. Hälfte des
12. Jahrhunderts zu einem Umbau , der eine monumentale Doppelturmfassade
nach dem Vorbild des Salzburger Doms entstehen ließ. Das von der Pfalzgrafendy-
nastie der Aribonen um 1060 gestiftete , mit Hirsauer Mönchen besiedelte Kloster
am Nordufer des Millstätter Sees war 1122 von Papst Calixtus II. unmittelbar Rom
unterstellt worden. Das Stift unterhielt aber auch enge Beziehungen zum Erzbi-
schof von Salzburg ; Abt Otto II. ( reg. 1136–1166 ) etwa fungierte auch als Salzburger
Archidiakon. Unter seiner Leitung und unter Abt Heinrich II. ( reg. 1166–1177 ) er-
fuhr das Kloster den Höhepunkt seiner kulturellen Entwicklung , es war Sitz einer
berühmten Schreib- und Malschule. Abt Heinrich II. war der Initiator umfangrei-
cher Umbauarbeiten , die sich bis ins 13. Jahrhundert erstreckten. An der Westseite
des Langhauses wurde anstelle einer älteren Vorkirche der Hirsauer Tradition der
aufwendige spätromanische Zubau einer Doppelturmfassade vorgenommen. Das
Tympanonrelief des Westportals zeigt Abt Heinrich als Bauherrn , der Christus das
zweitürmige Kirchenmodell darbringt. Im Zusammenhang mit dem Turmpaar
entstand im Erdgeschoss eine Torhalle , an deren Ostseite ein reich gestaltetes Stu-
fenportal errichtet wurde. Über der Vorhalle wurde – ähnlich wie in Gurk – eine
Emporenkapelle angelegt , die dem hl. Michael geweiht war. Eine Einwölbung von
Langhaus und Chor der Klosterkirche wurde in dieser Bauperiode allerdings nicht
unternommen. An dem mit vielfältigem Reliefschmuck ausgestalteten , sechsfach
abgestuften Westportal mischen sich lombardische und bayrische Stileinflüsse ; auf
eine erste Gestaltungsphase unter Abt Heinrich II. erfolgte um 1200 die Erweite-
rung und Vollendung des Tors. Abt Heinrich II. entstammte der mächtigen und
reich begüterten Familie der Grafen von Andechs-Meranien , die seit 1173 mit der
Mark Istrien belehnt waren. Die Doppelturmfront , das Prachtportal und die Em-
porenkapelle wurden auch in Millstatt ganz offenkundig dazu eingesetzt , den Ei-
genkirchenanspruch – in diesem Fall für den jeweiligen Abt dieses weitgehend un-
abhängigen päpstlichen Schutzklosters – architektonisch zu unterstreichen239.
St. Paul im Lavanttal
Dem gleichen Bauvorbild folgte man auch beim Bau der Klosterkirche des
12. Jahrhunderts im Stift St. Paul im Lavanttal. Der Gründer , Graf Engelbert
von Spanheim , entsandte 1090 seinen Sohn in das Benediktiner-Reformkloster
Hirsau , um von dessen Abt die Entsendung von Mönchen zur Besiedlung der
neuen Klosterstiftung in Laven ( Lavant ) zu erbitten. Im Sinne der Hirsauer Re-
Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Title
- Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Author
- Mario Schwarz
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78866-9
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 498
- Keywords
- Medieval architecture, Austrian art, Medieval art, Austrian architecture, Architectural history, 13th century architecture
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Kunst und Kultur