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Die Bautätigkeit Herzog Leopolds VI.
86 stehenden Querschiffs um 1200 datiert , ohne dass
hierüber allerdings Quellennachrichten vorlie-
gen289. Die drei kuppelig überhöhten , rundbogi-
gen Kreuzgewölbe der Querhausjoche sind ebenso
mit Bandrippen ausgestattet wie das Mittelschiff.
Sie öffnen sich jedoch in drei außerordentlich hohen Rundbogen hallenförmig
zum gotischen Chor des späten 13. Jahrhunderts ( Abb. 24 , 25 ). Die Forschung
hat diesen Umstand bisher viel zu wenig beachtet. Die Rundbogenöffnungen ,
welche konstruktiv von den Gewölben nicht zu trennen sind und daher gleich-
zeitig mit diesen entstanden sein müssen , können nur in der Absicht geschaffen
worden sein , das Querschiff nach Osten in einen anschließenden dreischiffigen
Hallenchor münden zu lassen. Hans Erich Kubach verstand das Querschiff von
Heiligenkreuz daher bereits als Teil einer vorbereiteten Hallenanlage290. Obwohl
im Querschiff noch keine gotischen Formdetails eingesetzt sind , ist die Anlage
eines so stark vertikalisierten Hallenraums als überaus fortschrittlich anzusehen.
Zur anschließenden Fortsetzung des Chorbaus ist es um 1200 allerdings noch
nicht gekommen. Vorübergehend müssen die hohen , ostseitigen Bogen des Quer-
hauses provisorisch vermauert worden sein , bis sie – erst fast hundert Jahre spä-
ter – wieder zum neu erbauten gotischen Hallenchor geöffnet werden konnten.
Die Hintergründe dieser Bauverzögerung kennen wir im Detail nicht. Es ist an-
zunehmen , dass die Erbauung des Querschiffs mit Erweiterungsplänen Herzog
Leopolds V. in Zusammenhang stand. Dieser hatte bei dem Taiding des Jahres
1188 in Mautern dem Kloster Heiligenkreuz eine außergewöhnlich große Kreuz-
reliquie in der Länge eines Mannes Hand geschenkt , die von ihm 1182 bei seiner
ersten Pilgerreise ins Heilige Land erworben worden war. Am Sterbebett legte
der Herzog Ende Dezember 1194 noch das Gelübde ab , dass er im Falle seiner
Genesung Mönch von Heiligenkreuz werden wolle291. Nach seinem Tode musste
in Heiligenkreuz Leopolds Sohn und Nachfolger Friedrich I. Herzog von Öster-
reich ( reg. 1195–1198 ) zusammen mit zwölf Landesherren vor Bischof Wolfger von
Passau schwören , den Restbetrag des Lösegeldes für Richard Löwenherz , das sein
Vater erhalten hatte , zurückzuerstatten. Erst nach Erfüllung dieser Bedingung
wurde erlaubt , den Leichnam Leopolds V. im Kapitelsaal von Heiligenkreuz zu
bestatten292. Es ist vorstellbar , dass noch Herzog Leopold V. selbst die Errich-
Abb.
25 : Stiftskirche Heiligenkreuz. Anschluss der Gewölbe
des Hallenchors an das Querschiff
Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Title
- Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Author
- Mario Schwarz
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78866-9
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 498
- Keywords
- Medieval architecture, Austrian art, Medieval art, Austrian architecture, Architectural history, 13th century architecture
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Kunst und Kultur