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Die Grenzbefestigungen 273
König Philipp II. August ( Laon , Porte de Soissons ;
Boulogne-sur-Mer ; Villeneuve d’Avignon ; Car-
cassonne )914 und dann auch in den Reichsländern
nördlich der Alpen wieder aufgegriffen und beson-
ders im Rheinland mehrfach angewandt ( Köln ,
Andernach , Bonn , Ahrweiler )915. Das Brückenkas-
tell in Capua erhob durch seine triumphbogenarti-
ge Gestaltung den Anspruch eines repräsentativen
Staatsdenkmals , das die Überzeugung Friedrichs
II. von seinem Herrscheramt und die von ihm an-
gestrebte Renovatio Imperii ausdrücken sollte. Die-
ser Gestus wurde auch durch die nach antiken Vor-
bildern gestaltete Figur des thronenden Kaisers in
antikem Kostüm sowie weiterer Persönlichkeiten
in antikisierenden Büstenmedaillons ( Petrus de Vi-
nea , Thaddäus von Suessa ) an der Torfassade un-
terstrichen916. Der Geschichtsschreiber Richard von San Germano , ursprünglich
Mönch im Kloster Montecassino und jahrelang Notar am Hof Friedrichs II. , über-
lieferte zum Brückenkastell von Capua , dass der Kaiser dieses ipse manu propria
consignavit , woraus man schließen darf , dass der Kaiser den Entwurf dieses Bau-
werks selbst verfasst hatte. Die Leitung des Baus übertrug der Kaiser an Nikolaus
de Cicala , einen vornehmen Adeligen aus einer in der Gegend um Capua begütert
gewesenen Familie917.
Das Wienertor in Hainburg hatte , ähnlich wie das Brückentor von Capua , den
Charakter eines Reichsgrenzsymbols. Auch dieses Tor war mit Reliefskulpturen
( Torwächter ) geschmückt ( Abb. 142) , ein spolierter antiker Reliefstein aus dem
nahe gelegenen Carnuntum findet sich im Mauerverband , der bis zur oberen ,
zweiten Reihe der ehemals übermannshohen Schießscharten in Buckelquader-
werk ausgeführt ist. Diese dienten nur dazu , den wehrhaften Eindruck des Tors
zu unterstreichen ; für eine praktische Benützung waren sie nicht geeignet , da an
der Innenseite der Tormauer keine begehbaren Nischen zur Aufstellung von Bo-
genschützen ausgebildet waren918.
Die Keilsteine des Spitzbogens an
der Außenseite der Tordurchfahrt Folgende Doppelseite:
Abb.
143 : „Wienertor“ der Stadtbefestigung von Hainburg , Detail
Abb.
142 : Bauplastik am „Wienertor“ von Hainburg
Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Title
- Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Author
- Mario Schwarz
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78866-9
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 498
- Keywords
- Medieval architecture, Austrian art, Medieval art, Austrian architecture, Architectural history, 13th century architecture
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Kunst und Kultur