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14 AchimBrunnengräberundTobiasHaas
Das Konzept geht auf Karl Polanyi zurück, der in seinem Klassiker »The
great transformation« (Polanyi 1978) die Durchsetzung der kapitalistischen
Ökonomie als Form der Entbettung aus der Gesellschaft herausarbeitete.
Die damit einhergehenden gesellschaftlichen Verwerfungen sorgten für
Abwehrreaktionen, die er als Antwort auf die durch dieMarktwirtschaften
hervorgerufenenErschütterungen interpretierte. In jüngererZeit erlebt das
Konzept der Transformation eine beachtliche Renaissance. Im Jahr 2011
veröffentlichte derWissenschaftliche Beirat Globale Umweltveränderungen
einvielbeachtetesGutachtenmitdemTitel»Welt imWandel–Gesellschafts-
vertrag für eine Große Transformation« (WBGU 2011). Es wird seither oft
zur Bestimmung der Veränderung von politischen und wirtschaftlichen
Systemen(Kollmorgenetal.2015)oder imZugederNachhaltigkeitsdebatten
verwendet (Brand2016;Stirling2015).
Die Zuspitzung sozial-ökologischer Problemlagen,wie sie sich in Form
der Luftverschmutzung in Ballungszentren, des Klimawandels oder dem
gegenüber Autos eingeschränkten Bewegungsraum für Fußgänger*innen
und Fahrradfahrer*innen zeigen, erfordert neue Antworten. Das Konzept
der Transformation wird daher gerne normativ gewendet. Dann zeigt es
an, wohin sich Gesellschaften verändern müssen, um ihren ökologischen
Fußabdruck zu verringern. Die Zielmarken sind bekannt: rückläufige Au-
todichte,weniger Fleischkonsum, kaumnoch Plastikmüll, Ausstieg aus der
Kohleverstromung, der Ausbau der erneuerbaren Energien, ein besserer
öffentlicherNahverkehrundvielesanderemehr.Wieabersehendiesozialen
Auseinandersetzungen aus, die auf den verschiedenen Problemlagen beru-
hen und die eine Große Transformation erforderlich machen? Um das zu
analysieren,gibtesderzeitkeindynamischeresgesellschaftlichesFeldalsden
Verkehrsbereich, der in seiner klassischen und über Jahrzehnte geformten
Ausprägung immer krisenhafter wird und der – so wie wir ihn kennen –
ausgesellschaftlichen,ökonomischen,ökologischenundethischenGründen
keinenBestandhabenkann.
Die Veränderungen im Verkehrsbereich vollziehen sich durch tech-
nologische Neuerungen und neue Bewegungsformen in Verbindung mit
politischem und wirtschaftlichem Druck. Der Verbrennungsmotor wird
vermutlich durch den batteriebetriebenen Elektromotor – und womög-
lich andere Zukunftstechnologien – ersetzt. Aber ist die Antriebswende
überhaupt sinnvoll? Nicht nur das Elektroauto (E-Auto) erlebt einen kaum
erwartetenBoom.DerAusbauderE-Mobilität erfasst auchdenschienenbe-
zogenenPersonen-undLieferverkehr,Buslinien,denNahverkehr(E-Scooter)
Baustelle Elektromobilität
Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Transformation der (Auto-)Mobilität
- Title
- Baustelle Elektromobilität
- Subtitle
- Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Transformation der (Auto-)Mobilität
- Author
- Achim Brunnengräber
- Editor
- Tobias Haas
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5165-6
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 450
- Keywords
- Auto, Elektromobilität, Transformation, Rohstoffpolitik, Wertschöpfungsketten, Verkehrswende, Bewegung, Autonomes Fahren
- Category
- Technik