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Antriebs-, Verkehrs-oderMobilitätswende? 55
Wissengeformtwerden.Mobilitätspraktiken reifizieren, reproduzierenund
verändernwiederumdie sozial-räumlicheVerkehrsordnung imSinne eines
»DoingSpace« (Rose 1999).
DieWahldesVerkehrsmittels ist zunächstabhängigdavon,welcheüber-
hauptzurVerfügungstehen.Zwarsteigt,wieobenerwähnt,dieZahlderpri-
vatenAutosproBevölkerung immernoch– inDeutschlandkommenstatis-
tisch1,1AutosaufjedenHaushalt(Nobis/Kuhnimhof2018:33f).Hinterdiesem
Durchschnittswert verbirgt sich eine interessanteneueDifferenzierung,die
in ähnlicherWeise in allenwestlichen Ländern zu beobachten ist:Mit dem
Label »PeakCar«wirdseit einigen JahrendasPhänomenbezeichnet,dass in
größerenStädtenderAutobesitzvorallembei jüngerenMenschenabnimmt.
ObessichhierumeinenAlters-respektiveEinkommens-oderabereinenKo-
horteneffektmitnachhaltigerWirkunghandelt, ist nochnicht abschließend
geklärt (Delbosc/Currie 2013; Klein/Smart 2017; Kuhnimhof et al. 2013). Aus
einersoziologischenPerspektivekanndiesauchalseinEffekteiner längeren
Entwicklungsliniegesehenwerden:ImZugebreiterergesellschaftlicherIndi-
vidualisierungstendenzen (Beck 1986;Alisch 1994) unddenAufwertungspro-
zessen innerstädtischerWohngebiete unddemLeitbild der »Stadt der kur-
zenWege« seit den 1980er Jahren pluralisierten sich die Vorstellungen vom
»guten Leben« undmachten auchPlatz fürweniger auto-zentrierte urbane
Lebensstile.Ähnlich stellenCanzler et al. (2018: 61ff.) einenZusammenhang
zwischen»singularer« (Reckwitz 2017)Gesellschaft beziehungsweiseplurali-
sierterModerneundmultimodalerBewegung imRaumher.
Gegenwärtig verfügen in Deutschland etwa 42 % der Haushalte inMe-
tropolen über kein eigenes Auto (Nobis/Kuhnimhof 2018: 34). Vor allem in
städtischenKontextenstelltCarsharingeinezunehmendwichtigeMobilitäts-
optiondar:Währendbundesweit innur 5 %derHaushalte einePersonMit-
gliedbei einerCarsharing-Organisation ist, sindes indenMetropolen 14 %.
CarsharingmitgliedschaftensindetwashäufigerinHaushaltenzufinden,die
überkein eigenesAuto verfügen (Nobis/Kuhnimhof 2018: 36, 38). Insgesamt
steigt jedochmitdemEinkommenundderZahlderKinder imHaushaltdie
Wahrscheinlichkeit,mindestens ein Auto imHaushalt zu besitzen.E-Autos
sind inüberdreiViertelder imMiD-Datensatz2017erfasstenFälleZweitau-
tos(MiT2018).WieverschiedeneStudienherausarbeiten,sinddieKaufenden
vonE-Autos überdurchschnittlich gebildet, häufigermännlichund eher hö-
herenEinkommensklassenzuzurechnen(Priessneretal.2018;Sovacooletal.
2019).DieseStrukturentsprichtweitgehendbekanntenMusternderVerbrei-
tungtechnologischerInnovationen(Blättel-Mink2015;Kropp2013;Rammert
Baustelle Elektromobilität
Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Transformation der (Auto-)Mobilität
- Title
- Baustelle Elektromobilität
- Subtitle
- Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Transformation der (Auto-)Mobilität
- Author
- Achim Brunnengräber
- Editor
- Tobias Haas
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5165-6
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 450
- Keywords
- Auto, Elektromobilität, Transformation, Rohstoffpolitik, Wertschöpfungsketten, Verkehrswende, Bewegung, Autonomes Fahren
- Category
- Technik