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NeuesSpiel, neuesGlück? 143
kehrsmittelwerdenzu lassen,wurdendieMaßnahmenzurPopularisierung
des Autos auf Bundesebene Mitte der 1950er Jahre forciert (Klenke 1995).
Unter anderemkonnten Privatpersonen berufsbedingte Fahrtenmit einem
Kilometersatz von der Einkommenssteuer absetzen, der deutlich über den
eigentlichen Betriebskosten lag. Die Mineralölsteuer, die heutige Energie-
steuer, die seit 1939 auf Benzin und Dieselverkäufe erhoben wird, wurde
zweckgebunden, das heißt die Einnahmen durften nur noch für Bau und
Erhalt vonBundesstraßen eingesetztwerden.Umfang undWirkung dieses
steuerlichen Anreizprogramms für die Massenmotorisierung sind kaum
zu überschätzen. In diese Zeit fallen imÜbrigen auch die Steuerbefreiung
von Flugbenzin und ein reduzierter Steuersatz für Treibstoff für eine land-
wirtschaftlicheNutzung. Unterschiede gab es von Anfang an auch bei den
Steuersätzen für Benzin- und Dieselkraftstoff. War der Steuervorteil für
Diesel bis in die 1980er Jahremoderat, so änderte sich das zu Beginn der
1990er Jahre, als in zwei Steuererhöhungsrunden beim Diesel wesentlich
geringere Aufschläge beschlossen wurden. Seit 1994 beträgt die Differenz
ca. 18Cent je Liter. ImErgebnis führte das zu einer starkenDominanzdes
Dieselmotors vor allem bei hochmotorisierten Fahrzeugen wie den Sport
Utility Vehicle (SUV). Allein im Zeitraum von 1990 bis 2015 betrugen die
SteuermindereinnahmenaufgrunddergeringerenDieselbesteuerungca.254
MilliardenEuro (DeutscherBundestag2017).
DieProgrammezurUnterstützungeinermassenhaftenVerbreitungvon
Automobilen fanden konsequenterweise auch im Straßenrecht und in der
Straßenverkehrsordnung ihre Anwendung. Grundsätzlich wurde demAuto
gegenüber allen Verkehrsmitteln Vorfahrt gewährt.Wichtig für die Förde-
rung des privatenBesitzes vonAutomobilenwar, parkende Fahrzeuge zum
»ruhendenVerkehr«zuerklärenunddamitauchunterdenGeneralschutzdes
Verkehrsflusseszustellen.DasdahinterliegendeundüberallepolitischenLa-
ger hinweggeteilte Zielwar klar: jeder und jede sollte Autos kaufen, fahren
und auch abstellen können und jeder und jede sollte sich dies auch leisten
können.
AberauchfürdiekleinerwerdendeKlientelder(noch)Nicht-Automobilisten
wurdegesorgt.BereitsunterdenNaziswardazudasbisheutenochgültige
Personenbeförderungsgesetz (PBefG) eingeführtworden,durchdasöffentli-
cheVerkehremitBussenundBahnen imGeltungsbereichvonEntfernungen
unter50km,aberauchTaxisundMietwagenuntereinebehördlicheAufsicht
gestellt werden. Der Staat deckt das durch Fahrgeldeinnahmen nicht zu
finanzierendeDefizit des Betriebes vonBussen undBahnen ab, behält sich
Baustelle Elektromobilität
Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Transformation der (Auto-)Mobilität
- Title
- Baustelle Elektromobilität
- Subtitle
- Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Transformation der (Auto-)Mobilität
- Author
- Achim Brunnengräber
- Editor
- Tobias Haas
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5165-6
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 450
- Keywords
- Auto, Elektromobilität, Transformation, Rohstoffpolitik, Wertschöpfungsketten, Verkehrswende, Bewegung, Autonomes Fahren
- Category
- Technik