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154 Von der Iohannishütte »uf der Pasterze über die
dann erst den Kamm zum Weitstein betreten. Bald jedoch hinderten uns
die nach allen Richtungen sich kreuzenden Klüfte und die steile Neignng
des Eisfeldes daran, diese Bahn weiter zu verfolgen. Wir kehrten daher
auf den Kamm zwischen dem Nemsschartel und Nemököpfl zurück.
Auch er besteht aus fchiefrigem Gestein, und wir hatten deßhalb
auf semer ein paar Klafter breiten obersten Fläche recht gut gehen. Von
hier zeigte mir Nöderer eine Klamm, welche eine der tiefsten des Landes
sein soll und sicher einen so senkrechten Absturz in eine Ecke des Käfer-
thales hat, wie nicht leicht eine zweite. Später kamen wir aber auf
dem AbHange der Nordseite auf Stellen an den Felsen, über die zu
kommen Muth und Echwindellosigkeit gleich nothwendig waren. Rüderer,
welcher Entschlossenheit mit Vorsicht vereint, ließ mich auch bald etwas
auf ihn warten, da er suchen werde, die Stelle zu finden, an welcher
die Oemsjäger hier heraufsteigen. In Kürze kam er wieder zu mir. Er
hatte das Merkmal des Weges, ein Felsenloch, gefunden, durch welches
die Schützen erst ihre Büchsen schieben, dann selbst kriechen, um nicht
um den Felsen außen herum über eine schlechte Stelle steigen zu müssen.
Um das Kriechen zu vermeiden, stiegen wir aber nichts destoweuigcr mn
den Felsen hernm und fanden diese Stelle auch wieder besser als ihr
Ruf ist. Nochmal hüllte uns der Nebel ein, jetzt aber vermochte er uns
noch weniger als nnf der Höhe zu schrecken.
Wir gingen nun auf dem Kamme zum Theil schon auf grünen
Flecken gegen den Wasscrfall am Weitstein und ich glaubte, wir würden
irgendwo an den Felsen des Weitstein in die Tiefe des Baches hinab-
klettern, als Röderer plötzlich die entgegengesetzte Richtung nach Rechts
einschlug. So gelangten wir unter das Remskopfl, das wir dadurch
umgangen hatten. Unerwartet stießen wir bald darauf anf eine schwierige
Stelle, indem eine scharfgeneigte Felswand auf halber Höhe ohne sichern
Tritt quer überschritten werden mußte. Dann folgten jedoch schon
kleineres Gerölle und Grasplätze dazwischen. Wir befanden uns bereits
auf dem Iuden-Schafgebirge oder, nach Pinzgauer Redeweise, auf dem
Iudenschaffelbirg.
Schon wollte ich den kürzesten Weg wählen und gerade hinab-
steigen, allein der Abhang war doch noch zu steil und noch ragten zu
Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Title
- Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Author
- Anton von Ruthner
- Publisher
- Carl Gerold's Sohn
- Location
- Wien
- Date
- 1864
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.8 x 19.2 cm
- Pages
- 440
- Keywords
- Alpen, Gebirge, Natur
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918