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Ersteigung des IohamüSberges auf der Pasterze. 211
Als wir die Abhänge betreten hatten, fanden wir auch dort
reichlichen Schnee. Es handelte sich nun darum, ob wir die Höhe des
Kamines weiter nach auswärts, wo er niedriger ist, natürlich mit grö-
ßerem Umwege, olcr nichr rückwärts, also näher der Echarte, wo er
sich noch nicht so sehr gesenkt hat, begreiflicherweife nach einem stär-
keren Anfwärtssteigeii, zn erreichen suchen sollte». Wir entschlossen n»s
für die zweite Alternative, weil wir uns blos nm nicht etwas mehr
aufwärts steigen zu muffen die Unannehmlichkeit des Schneewatens
durch einen Uniweg nicht noch verlängern wollten.
Wir arbeiteten uns so rasch empor als es der Schnee gestattete.
Auf der Kammhöhe angelangt erblickten wir sogleich vor nns die breite
östliche nnd die südliche Ausdehnung des Johannisberges, links aber
die Fortsetzung unseres Kamines bis zu seinem Ursprünge an der
zweiten Terrasse der südlichen Erhebung.
Dffenbar begann nun der letzte Theil unserer Aufgabe: wir
hatten ans dem Iohannisberge selbst zu seiner Spitze emporznwaten
und zu klettern. Das gab freilich noch ein tüchtiges Stück Arbeit!
Wir trafen nngemein große Klüfte an, die nnigangen werden mußten.
Oft liefen sie in solcher Nähe nnd in einer solchen Stellung zn ein-
ander zusammen, daß es unmöglich schien zwischen ihnen einen Aus-
weg zn finden, Nöderer fing an vom Nichthinanfkomnien zu sprechen:
Plattl nnd ich protcstirten gegen derlei Aeußerungen. Aber auch der
entschlossene Theil dcr Gesellschaft erlebte wiederholt Täuschungen. Wir
sahen hinauf bis zu dem Punkte, wo sich über einer breiten Kluft,
gleichsam als letzter Aufsatz des Berges, seine oberste Pyramide erhebt,
zählten bis dort hin drei große Klüfte und meinten, „die werden uns
auch nicht aufhalten können" ; kanm waren wir jedoch wieder ein Stück
aufwärts gekommen, so gewahrten wir eine neue höhere Mulde des
Firnbodcns, die uns früher eine tiefer unten liegende verdeckt hatte,
und in ihr eine oder mehrere ungezählte riesige Spalten. Ein paar
illüfte waren so breit, daß die° ganze Länge »mseres Seiles von etwa
1l) Klafter nicht von einem Ufer znm andern zu reichen schien.
Auch das Einbrechen in den Schnee war, obgleich nicht so arg
wie tiefer unten, doch immerhin noch lästig. Zu allem Ueberflusse
Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Title
- Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Author
- Anton von Ruthner
- Publisher
- Carl Gerold's Sohn
- Location
- Wien
- Date
- 1864
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.8 x 19.2 cm
- Pages
- 440
- Keywords
- Alpen, Gebirge, Natur
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918