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Ersteigung des Ankogels bei Gastein. 22?
blies, gingen zuerst meine Führer, denn Haidacher war unterdessen
eingetroffen, hierauf, nachdem ich mein Tagebuch geendet, auch ich in
die Sennhütte, in der sich nun Sennerin, Kuhhirt und Schafbnbe,
als Autochthonen des Thales, wir aber, als die Fremdlinge, friedlich
zur Alpenkost um ein lustiges Feuer gruppirten.
Als wir uns endlich um 9 Uhr auf unser Lager, den nur we-
nige Schritte von der Alpe entfernten Heustadel derselben begaben,
erfreute uns noch die herrlichste Sternennacht, welche uns im Vereine
mit einem kühlen, von den Firnen durch das Thal streichenden Winde,
Gewähr eines schönen Morgens zn sein schien.
Diese unsere Hoffnung ward uns bereits fast zur Gewißheit,
als wir am 3. um 2 Uhr Nachts — meine Gefährten schlaftrunken
und übellaunig, ihr küstliches Lager verlassen zu müssen, ich sehr zu-
frieden, dadurch den Wunsch verwirklicht zu sehen, den ich die ganze,
bei feuchtem Heu und der rings eindringenden Kälte für mich schlaf-
lose, Nacht hindurch gehegt hatte — troglodytenartig Einer nach dem
Andern aus unserer Hütte herausgekrochen, dasselbe prächtige Sternen»
zelt noch fortan über uns ausgespannt fahen.
Weil uns kein Mondlicht begünstigte, ließ ich, wahrend das
Frühstück bereitet wurde, Spane zurecht machen. Bei ihrem Scheine
brachen wir .um 3 Uhr auf. Die jetzt stärker gewordene Nachtluft
brachte sie jedoch oft dem Erlöschen nahe, und wir hatten diese Be-
leuchtung kaum benutzen können, wenn nicht der mit ihrer Hilfe zurück-
zulegende Theil des Weges gefahrlos gewesen wäre, so daß ein Fehl-
tritt höchstens ein Abrutschen von den, hier rings die Alpweiden be-
deckenden Steinen, zwischen und auf welchen wir uns die Bahn suchten,
zur Folge hatte.
Doch waren mir diese, weithin Nauch verbreitenden, stets dem
Ersterben nahen, irdischen Lichter um so widerwärtiger, je greller der
Kontrast zwischen ihnen und den Millionen himmlischer Leuchten war,
die in ihrem Silberglanze auf dem Grunde des dunklen Nachthimmels,
unter ihnen gerade über der Spitze des Ankogels in vollster Pracht
der Morgenstern, eine günstige Vorbedeutung für das Gelingen meines
Zuges, wie ich es beutete, lieblich flimmerten.
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Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Title
- Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Author
- Anton von Ruthner
- Publisher
- Carl Gerold's Sohn
- Location
- Wien
- Date
- 1864
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.8 x 19.2 cm
- Pages
- 440
- Keywords
- Alpen, Gebirge, Natur
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918