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Ersteigung dcS Hochalpeuspitzes. 279
genau beurtheilen läßt, und so beschloß ich in Berücksichtigung aller
gegen den Uebergang sprechenden Gründe denselben zu unterlassen.
Es wurde daher das Barometer und Thermometer auf dem ober-
sten Punkte der höchsten Eisspitze in Thätigkeit gesetzt. Das Thermo-
meter zeigte - j - 5" R.; als Resultat der Barometermessung dagegen
stellte sich eine Höhe von 10.586 W. F. heraus. Ich schätzte den
Felsenkopf um 6 Klafter höher und es würde sich darnach für den
höchsten Punkt des Hochalpenspitzes eine Höhe von 10.622 W. F.
ergeben.
Wir mochten wenig über eine Viertelstunde auf der Spitze ver-
weilt haben, als ich zum Abzüge von ihr mahnte, weil die Wolken-
gestaltung immer sicherer ein baldiges Unwetter in Aussicht stellte.
Anfangs hatte ich den Plan, mit Ferchcr von der Spitze,, an
deren schmalem First südöstlich der Oößgraüen und westlich das Sec-
thal entspringt, wogegen nordwärts das Hochalpenkces von ihm hinab-
fließt, in den Oößgrabcn zn steigen. Die Bahn dazu war das Trippen-
kees, dessen oberste Firnmulde ich in wenigen Schritten von der Spitze
erreicht hätte. Bei der Ungunst der Witterung war jedoch der Plan
schon früher aufgegeben worden. So traten wir den Rückweg über die
Schneide an, langten glücklich bei unseren beiden Genossen und mit
ihnen vereint auch bald am Einschnitte des Kammes über der Firn-
kluft an. Der untere Theil der Wand, welcher uns aufwärts Schwie-
rigkeiten bereitet hatte, wurde abwärts durch einen Sprung überwun-
den, den die Festigkeit des Schnees in der Firnkluft ganz wohl ge-
stattete, und so war es möglich, daß wir eine halbe Stunde nach
meinem Aufbruche von der Spitze wieder an der Scharte gegen Groß-
Elend standen.
Zuerst brach Anderl nach dein großen Elend auf. Man sah von
der Scharte den Weg, den er an den Wänden der Berge, da, wo
die obersten Firnmulden des in weitem Bogen lagernden Gletschers
an ihnen enden, bis dorthin zu nehmen hatte, wo es, und zwar schon
auf der andern Seite des vom Eise umspannten Thales, durch die
Beschaffenheit des Keeses möglich war, über letzteres auf die Felsen des
Brunnkarnocks und von ihnen zur tiefen Hütte hinabzusteigen.
Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Title
- Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Author
- Anton von Ruthner
- Publisher
- Carl Gerold's Sohn
- Location
- Wien
- Date
- 1864
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.8 x 19.2 cm
- Pages
- 440
- Keywords
- Alpen, Gebirge, Natur
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918