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Laibach, Lemberg, Czernowitz | 157
Auf der Adressseite schreibt der Absender zwar in deutscher Sprache eine einfa-
che Grußformel („Herzliche Grüße sendet Ihnen Ihr erg. J.D.“), er hält die Adresse
ebenfalls deutsch („Herrn N. Weil, Wien“), bezeichnet jedoch den Absenderort in
polnischer Sprache (Lwów, 21.1.13) und irrt sich dabei noch im Datum – wie dem
Stempel unschwer zu entnehmen, schrieb man am 21. Jänner bereits das Jahr
1914.
Neben den zahlenmäßig überwiegenden polnisch-deutschen Karten, den zahl-
reichen rein polnischen und den wenigen polnisch-französischen sucht man fast
vergeblich nach im Alltag verwendeten Lemberger topographischen Ansichtskar-
ten mit– sei es zusätzlichen – ruthenischen Aufdrucktexten (wie wir sie aus Brody,
Stanislau, Kolomea und einigen anderen kleineren Orten kennen). Im zitierten Ka-
talog sind zwar einige Karten von Kirchen und anderen Gebäuden mit rutheni-
schem Aufdrucktext32 verzeichnet, doch hatten diese, wenn man der Zusammen-
setzung der heutigen Sammlungen, Bildbänden und sonstigen Publikationen ver-
trauen kann, vermutlich geringe Breitenwirkung; die meisten davon blieben auch
postalisch unverwendet.
Es lassen sich allerdings einige Belege aus den Jahren 1914-1915 ausfindig
machen, auf denen als zusätzliche Sprache nicht das Ruthenische, sondern das
Russische auftaucht: Einerseits handelt es sich dabei um Karten der russischen
Besatzungszeit (Okt. 1914 – Sept. 1915), vornehmlich von Verlagen des Großver-
legers Dawid Grund33, andererseits um Karten russophiler Provenienz, die, zum
Teil auch schon davor, vor allem vom Verlag „Rusalka“ und von dessen Ableger
hergestellt wurden.34
Hier ein Beispiel einer dreisprachigen Druckaufschrift aus der Zeit der russi-
schen Besatzung Lembergs und Ostgaliziens:
32 Vgl. die Abbildungen mit ruthenischem Aufdrucktext in Irina Kotlobulatowa, Lwów na
dawnej pocztowce, Krakow 2002, S. 24, 39, 138, 141, 229, 236, 240, 264, 300 (bildsei-
tig mit russischer Aufschrift des Geschäfts: „Народная торговля“ 'Volks-Handel'),
301. Da ich selbst (bezeichnenderweise) über keine ruthenisch bedruckte Karte aus
Lemberg verfüge, müssen wir uns hier auf Verweise auf die genannte Publikation be-
schränken.
33 Aufgelistet in Kotlobulatowa, Lwów, S. 379-380.
34 Ebda, S. 396-397.
Bildspuren – Sprachspuren
Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Title
- Bildspuren – Sprachspuren
- Subtitle
- Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Authors
- Karin Almasy
- Heinrich Pfandl
- Editor
- Eva Tropper
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4998-1
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 346
- Keywords
- Postkarte, Mehrsprachigkeit, Habsburger Monarchie, Alltagsgeschichte, Kurznachrichtenträger, Alltagskommunikation, Fotografie, Untersteiermark, Mikrogeschichte, Eisenbahn, Tourismus
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen