Page - 196 - in Bildspuren – Sprachspuren - Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
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196 | Martin Sauerbrey
Einzug. Schnell wurden weitere Nebenlinien gebaut und die schon unter Erzher-
zog Johann vorangetriebene Erschließung der Region weitergeführt. Neue Indust-
rien – sowohl staatlich als auch privat – entstanden. Mit der Bahn kamen – eben-
falls ein noch junges Phänomen – Touristen in die Region, die die Städte und
Bahnhöfe entlang der Südbahn zu bevölkern begannen und später auch die – nun
auch mit der Bahn erreichbaren – Erholungsorte aufsuchten.
Ein Medium, das zeitgleich aufkam und diese Entwicklungen auch in Bild und
Schrift festhielt, war die Postkarte. Ab 1890 in zunehmendem Maße im Umlauf,
professionell produziert und von allen Bevölkerungsschichten verwendet, hielt sie
in Wort und Bild fest, wie die Menschen dieser Zeit die Welt wahrnahmen, wie
sie sie beschrieben, wie sie mit den Veränderungen umgingen, auf was sie stolz
waren, worauf sie den Fokus legten, wovor sie Angst hatten und zu guter Letzt,
wie sie sich die Zukunft vorstellten.2
Im Folgenden soll gezeigt werden werden, wie die Modernisierung in der Un-
tersteiermark bis 1918 voranschritt und wie Prozesse der Modernisierung und ihre
diskursive Verarbeitung und Aushandlung auf Postkarten in der Untersteiermark
rekonstruiert werden können. Eindeutige Indikatoren für den Wandel, wie der Ei-
senbahnknotenpunkt Zidani Most/Steinbrück oder das Bergwerk und die Industrie
in Trbovlje/Trifail, aber auch auf den ersten Blick weniger spektakuläre, wie
Volksschulen am Land finden sich auf den Postkarten der Zeit. Diese präsentieren
sich, in Verbindung mit Reiseberichten und Zeitungsberichten, als ausgezeichne-
tes Quellenmedium, um die Fahrt aufnehmende Modernisierung in der Habsbur-
ger Monarchie zu Beginn des 20. Jahrhunderts in ihrer gesellschaftlichen Rezep-
tion und Verarbeitung durch ein massenhaft verbreitetes Bildmedium zu analysie-
ren.3
2 Zur Postkarte siehe: Sandor Bekesi, „Die Topographische Ansichtskarte: Zur Ge-
schichte und Theorie eines Massenmediums“, RELATION. Beiträge zur vergleichenden
Kommunikationsforschung, 1, 2004, S. 382-404; Esther Milne, Letters, postcards,
email. Technologies of presence, New York 2010; Anett Holzheid, Das Medium Post-
karte, Würzburg 2011; Eva Tropper, Timm Starl (Hg.), Format Postkarte. Illustrierte
Korrespondenzen, 1900 bis 1936, Wien: new academic press, 2014 (= Beiträge zur Ge-
schichte der Fotografie in Österreich, Bd. 9); Timm Starl, Eva Tropper (Hg.): Zeigen,
Grüßen, Senden. Aspekte der fotografisch illustrierten Postkarte (= Fotogeschichte
118, 2010)
3 Das FWF-finanzierte Forschungsprojekt „Postcarding Lower Styria. Nation, Language
and Identities on Picture Postcards (1890-1920)“, Laufzeit 2016–2019 ist am Institut
für Slawistik angesiedelt und steht unter der Leitung von Heinrich Pfandl. https://post-
carding.uni-graz.at/de/ Alle in diesem Artikel gebrachten Bildbeispiele sind Digitalisate
Bildspuren – Sprachspuren
Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Title
- Bildspuren – Sprachspuren
- Subtitle
- Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Authors
- Karin Almasy
- Heinrich Pfandl
- Editor
- Eva Tropper
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4998-1
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 346
- Keywords
- Postkarte, Mehrsprachigkeit, Habsburger Monarchie, Alltagsgeschichte, Kurznachrichtenträger, Alltagskommunikation, Fotografie, Untersteiermark, Mikrogeschichte, Eisenbahn, Tourismus
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen