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Motiv Stadt, Motiv Mensch | 247
unter ihnen dominieren dann Innenansichten von Restaurants, Gasthäusern, Kaf-
feehäusern, Geschäften oder sogar der Kaserne.
AUSDRUCK NATIONALER SPANNUNGEN
Für Maribor/Marburg, das gerade während der Hochblüte der Postkarte von zu-
nehmenden nationalen Spannungen zwischen Slowenen und Deutschen geprägt
war, wurde auch die Darstellung der Stadt entweder als ‚deutsch‘ oder seltener als
‚slowenisch‘ über Postkarten wichtig. Für ersteres wurden ‚deutsche‘ Stadtansich-
ten als Motiv gewählt, wie etwa Denkmäler mit deutschnationaler Einschreibung
(z. B. Joseph II. oder Turnvater Jahn),17 das deutsche Studentenheim, einige Häu-
ser mit betont ‚altdeutschen‘ Bauelementen oder das Geburtshaus des dem
Deutschtum zugeneigten Dichters Ottokar Kernstock. Für letzteres wurden vor al-
lem der Narodni dom als wichtiges slowenischen Identifikationssymbol zum Post-
kartenmotiv, aber auch die Franziskanerkirche und einige andere Ansichten. Na-
tionale Aufladung konnten Postkarten zusätzlich durch gewisse Symbole oder den
Aufdrucktext erhalten, z. B. durch nationale Verse, Fahnen, Trachten oder allego-
rische Linden- oder Eichenblätter. Solche Postkarten wurden zur Unterstützung
des einen oder des anderen nationalen Lagers oder einer konkreten Organisation
herausgegeben. Die Dominanz des Deutschen im damaligen Maribor/Marburg
kommt vor allem durch die Aufdrucktexte zum Ausdruck – Ansichten der Stadt
von damals geben ein fast ausschließlich deutsches Erscheinungsbild wieder,
wenngleich in der Stadt sowohl deutsch- als auch slowenischsprachige Bewohner
lebten. In den Volkszählungen in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg ran-
giert die deutsche Umgangssprache in Maribor/Marburg zwar stets um die 80%,18
doch das bedeutet nicht, dass sich nicht ein Teil dieser Bürger und ein großer Teil
der Umlandbevölkerung vor allem im Alltag auch auf Slowenisch verständigt
hätte. Davon zeugen die handschriftlichen Botschaften auf Postkarten, unter wel-
chen slowenische gar nicht so selten sind, wenngleich deutsche überwiegen. Ne-
ben dem Deutschen als dominanter Amtssprache etablierte sich aber im alltägli-
chen und kulturellen Leben – besonders im Theater, bei Kulturvereinen und auch
in der Presse – immer mehr das Slowenische. Doch im öffentlichen Raum kam
dies kaum zum Ausdruck. Auf Postkarten dominierten deutsche Aufdrucktexte
und den aufgedruckten Bildaufnahmen zufolge waren die Namen der Geschäfte,
17 Ferlež, Nemci in Maribor, S. 24-25.
18 Ferlež, Prebivalstvo Maribora, S. 92.
Bildspuren – Sprachspuren
Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Title
- Bildspuren – Sprachspuren
- Subtitle
- Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Authors
- Karin Almasy
- Heinrich Pfandl
- Editor
- Eva Tropper
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4998-1
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 346
- Keywords
- Postkarte, Mehrsprachigkeit, Habsburger Monarchie, Alltagsgeschichte, Kurznachrichtenträger, Alltagskommunikation, Fotografie, Untersteiermark, Mikrogeschichte, Eisenbahn, Tourismus
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen