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272 | Joachim Bürgschwentner
Staates, die dieser für andere (kriegsrelevante) Aufgaben verwenden konnte. Zu-
dem bot sich der gesamten nicht-kämpfenden Bevölkerung, insbesondere auch
den Frauen,11 die Möglichkeit, sich an den Kriegsanstrengungen zu beteiligen,
wobei sich die Möglichkeit sehr rasch zur moralischen Verpflichtung wandelte.
Die Kriegsfürsorge stellte deshalb eine zentrale Bühne zur Bildung und Aufrecht-
erhaltung der sogenannten Heimatfront dar.
Der zugespitzte Konkurrenzkampf um die – mit Kriegsverlauf zunehmend ab-
nehmende – Gunst der Bevölkerung führte zu immer neuen Ideen der Spenden-
sammlung. Hierzu gehörte von Beginn an auch die Produktion diverser Werbe-
und Verkaufsartikel.12 Unter diesen kann die Ansichtskarte als ein Klassiker gel-
ten, da sie billig zu produzieren und niedrig im Verkaufspreis war und zudem als
Gebrauchsartikel ohnehin benötigt wurde. Darüber hinaus bot sie die Möglichkeit,
die Bildseite für Botschaften zu nutzen, die auf dem Postweg weitere Verbreitung
fanden.
Vor diesem Hintergrund analysiert dieser Beitrag exemplarisch einen Korpus
von Ansichtskarten, nämlich die von der offiziellen Kriegsfürsorge 1914/15 her-
ausgegebene Kriegsbildkartenserie, um zu klären, inwiefern ihr Bildprogramm
dazu geeignet war, die Bevölkerung für den Krieg zu mobilisieren und hierbei
auch die verschiedenen sprachlichen und ethnischen Gruppen berücksichtigte.
Dies geschieht in drei Schritten. Ein erster Abschnitt liefert einen knappen Über-
blick über Rahmenbedingungen, Umfang und Relevanz der Ansichtskartenpro-
duktion der offiziellen Kriegsfürsorge sowie allgemeinere Informationen zur
Kriegsbildkartenserie. Da sich zu diesem Aspekt praktisch kein Schriftverkehr er-
halten hat, muss hierbei auf die für die Öffentlichkeit bestimmten Informationen,
wie Presse und Verkaufskataloge, zurückgegriffen werden. Anschließend erfolgt
eine quantitative und qualitative Auswertung der Kriegsbildkartenserie auf ihre
mobilisierenden Botschaften hin, insbesondere auch in Hinblick auf Österreich als
11 Zu den Frauen vgl. Christa Hämmerle, „‚Zur Liebesarbeit sind wir hier, Soldaten-
strümpfe stricken wir …‘. Anmerkungen zu einer besonderen Form weiblicher ‚Kriegs-
fürsorge‘ im Ersten Weltkrieg“, Austriaca <Rouen> 42 (1996), S. 89-102.
12 Zum Spektrum der Produktionstätigkeit der offiziellen Kriegsfürsorge vgl. Tristan
Loidl, Andenken aus Eiserner Zeit. Patriotische Abzeichen der österreichisch-ungari-
schen Monarchie von 1914 bis 1918, Wien 2004. Speziell zu deren Ansichtskarten vgl.
Joachim Bürgschwentner, „War Relief, Patriotism and Art. The State-Run Production
of Picture Postcards in Austria 1914–1918“, Austrian Studies 21 (2013), S. 99-120. Zu
den Kriegsfürsorgeaktivitäten in der Steiermark vgl. Nicole-Melanie Goll, „Kriegsfür-
sorge zwischen „War Effort“ und Herrschaftssicherung am Beispiel von Graz (1914–
1918)“, in: Friedrich Bouvier, Wolfram Dornik u.a. (Hg.), Graecensien. Archive und
Museen zu Graz, Graz 2016, S. 421-438.
Bildspuren – Sprachspuren
Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Title
- Bildspuren – Sprachspuren
- Subtitle
- Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Authors
- Karin Almasy
- Heinrich Pfandl
- Editor
- Eva Tropper
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4998-1
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 346
- Keywords
- Postkarte, Mehrsprachigkeit, Habsburger Monarchie, Alltagsgeschichte, Kurznachrichtenträger, Alltagskommunikation, Fotografie, Untersteiermark, Mikrogeschichte, Eisenbahn, Tourismus
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen