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274 | Joachim Bürgschwentner
Liechtenstein, betonte wiederholt, dass die Herstellung von Ansichtskarten und
anderen Gegenständen lediglich ein Mittel zu diesem Zweck sei, auf das man an-
gesichts des hart umkämpften Spendenmarkts nicht verzichten konnte. Bei der
Auswahl der herauszugebenden Bilder habe sich das Kriegshilfsbüro „im großen
und ganzen von dem Bestreben leiten lassen, den patriotischen Gedanken mög-
lichst zu fördern und dem künstlerischen Empfinden tunlichst gerecht zu wer-
den“.15 Die Veröffentlichung von offiziellen Karten erfolgte also sehr wohl auch
mit dem Hintergedanken, die Bevölkerung für den Krieg zu mobilisieren.
Insgesamt produzierte die offizielle Kriegsfürsorge in Österreich zwischen
1914 und 1918 rund 1500 verschiedene Kriegsansichtskarten.16 1914-15 erschie-
nen zunächst hauptsächlich Einzelstücke und einige Kleinstserien, wobei das Er-
scheinungsbild sehr uneinheitlich blieb, bevor 1915 der Start einer etwa 700 Kar-
ten umfassenden Serie mit markanter grün umrahmter Adressseite erfolgte. Diese
wurde bis Ende 1916, als das Kriegshilfsbüro seinen Rückzug aus derartigen Ge-
schäftstätigkeiten erklärte, herausgegeben. Das nunmehr federführende Kriegsfür-
sorgeamt adaptierte das deutsche Gloria-Viktoria-Sammelalbum für Österreich-
Ungarn und beschränkte sich ansonsten 1917/18 auf die Ausgabe einiger Einzel-
stücke und Kleinserien.17
Die Kriegsbildkartenserie, die am 11. September 1914 in der Presse angekün-
digt und fünf Tage später gestartet wurde, war das erste größer angelegte Ansichts-
kartenprojekt der offiziellen Kriegsfürsorge. Zunächst war geplant, wöchentlich
drei bis vier neue Postkarten zum Preis von 20 Heller herauszugeben,18 eine Fre-
quenz, die in den ersten Wochen sogar übertroffen wurde, anschließend aber stark
15 Eduard von und zu Liechtenstein, „Offizielle Kriegsfürsorge. Einleitung“, in: Viribus
Unitis. Österreich-Ungarn und der Weltkrieg, Wien 1919, S. 1-4, hier S. 3.
16 Im Rahmen des von der Tiroler Wissenschaftsförderung finanzierten Projekts „‚Offizi-
elle Ansichten‘. Schaffung und Auswertung einer Datenbank der staatlich produzierten
Kriegspostkarten in Österreich 1914 – 1918“ konnte der Autor die relevanten Bestände
des Grazer Rot-Kreuz-Sammlers Gerald Kern digitalisieren und eine Datenbank erstel-
len. Peter Andorfer von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften bot dan-
kenswerterweise an, die Daten online zu veröffentlichen und übernahm die Betreuung
sowie technische Umsetzung. Das Projekt ist derzeit (30.01.2020) unter https://official-
depictions.acdh.oeaw.ac.at/ bzw. http://hdl.handle.net/21.11115/0000-000C-B43E-4
(Zitierlink) abrufbar.
17 Vgl. Bürgschwentner, „War Relief, Patriotism and Art“, S. 107-108. Die dort ange-
führte Schätzung von 1600 bis 2000 verschiedenen Karten dürfte etwas zu hoch gegrif-
fen sein.
18 Reichspost, 11.9.1914, S. 8. bzw. Reichspost, 16.9.1914, S. 5.
Bildspuren – Sprachspuren
Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Title
- Bildspuren – Sprachspuren
- Subtitle
- Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Authors
- Karin Almasy
- Heinrich Pfandl
- Editor
- Eva Tropper
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4998-1
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 346
- Keywords
- Postkarte, Mehrsprachigkeit, Habsburger Monarchie, Alltagsgeschichte, Kurznachrichtenträger, Alltagskommunikation, Fotografie, Untersteiermark, Mikrogeschichte, Eisenbahn, Tourismus
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen